Rechtsfreier Raum

In seinem Buch Demokratie und Geheimdienste ( Eichstädt 1995) schreibt der ehemalige Präsident des Bundesnachrichtendienstes ( 1985-1990 ) auf Seite 47 :

„Hinsichtlich nachrichtendienstlich zulässiger Mittel gilt, daß aus ethischen und politischen Gründen nur solche Maßnahmen geduldet werden können, die bei ihrer Bekanntgabe von der Öffentlichkeit akzeptiert würden. Das ist eine pragmatische Antwort auf eine schwierige Frage. Auszuschließen sind: Tötung ( Mord ), Folter, Entführung, Diebstahl, also praktisch alle kriminellen Handlungen. Das entspricht der deutschen Rechtsauffassung, Rechtslage und Praxis. In Deutschland sind nur solche nachrichtendienstlichen Mittel zulässig, die im Anschluß an die jüngste Gesetzgebung durch die Regierung genehmigt werden. Die Internationale Diskussion verdeutlicht das Dilemma, einerseits im Interesse der Arbeitsfähigkeit und der Aufgabenerfüllung der Dienste, also der Durchführung ihrer Aufgaben, die Dienste vor den Augen der Öffentlichkeit abzuschirmen, andererseits aber auch dem Anspruch der demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen gerecht zu werden, keinen rechtsfreien und keinen straffreien, keinen politisch kontrollfreien Raum entstehen bzw. fortbestehen zu lassen.“

Wenn jemand sich versteckt und die Öffentlichkeit scheut, so hat er etwas zu verbergen. Wir leben nicht mehr im kalten Krieg, der zugegebenermaßen besondere Maßnahmen zur Abschirmung erforderlich gemacht hat, damit die Nachrichtendienste effektiv arbeiten konnten. Das trifft auf den im Ausland tätigen Bundesnachrichtendienst auch heute noch zu. Aber das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz, dessen einzige Aufgabe darin besteht, die Regierung zu informieren, benötigen keine besondere Tarnung. Es sei denn, die Ämter für Verfassungsschutz haben etwas zu verbergen, sei es eine Überwachung solchen Ausmaßes, daß es von den Bürgern nicht mehr akzeptiert würde, sei es Verschwendung von Steuergeldern in ungeheurem Ausmaß, oder „ aktive Maßnahmen“ zu denen sie nicht befugt sind, denn der Verfassungsschutz darf nicht innenpolitisch tätig werden.

Man achte auch auf die Formulierung: „keinen rechtsfreien und keinen straffreien, keinen politisch kontrollfreien Raum entstehen bzw. fortbestehen zu lassen.“ Also ist Herr Wieck mit mir einer Meinung, daß die Nachrichtendienste sich in einem rechtsfreien, straffreien, und kontrollfreien Raum bewegen. Ein Zustand der nach unserer beider Meinung nicht fortbestehen darf. Es besteht wohl kein Zweifel daran, daß Herr Wieck als ehemaliger Präsident des BND mit nachrichtendienstlichen Tätigkeiten vertraut ist. Wenn die Bundesrepublik tatsächlich ein demokratischer Rechtsstaat ist, dann darf es auch keine terroristische Geheimpolizei geben, die die politische Meinung der Bürger überwacht. Im übrigen ist auch Psychoterror Terror. Wenn es denn bei Psychoterror bleibt...

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