Desinformation

Die Desinformation ist eine Manipulation der öffentlichen Meinung zu politischen Zwecken mittels einer durch Ablenkung, Unterschlagung und Verdrehung veränderten Information. Aus Vladimir Volkoff: Petite histoire de la Désinformation, Éditions du Rocher 1999 s. 33.

Nun, wir wollen mal sehen, wie so eine Desinformation in der Realität abläuft. Nehmen wir an, jemand erzählt gerne eine Anekdote aus den 20er Jahren, um dem Zuhörer klar zu machen, daß der Verfall des Rechtsstaates, der zu der nationalsozialistischen Diktatur führte, bereits früh zu erkennen war:

„In der Weimarer Republik wurde ein Sozialist für die Beleidigung der staatlichen Symbole zu einer Haftstrafe von mehreren Monaten verurteilt. Ein Monarchist oder Nationalsozialist aber bekam für folgenden Spruch nur eine Geldstrafe von 20 Reichsmark: Einst war die Fahne Schwarz Weiß Rot, der stahlen sie das Weiße, und wischten sich den Arsch damit, da war es Schwarz Rot Scheiße.“

Daraus läßt sich leicht eine Desinformation machen: Man verbreitet, daß der Betreffende den obengenannten Spruch erzählt, ohne die ganze Anekdote zu erzählen. Und schon entsteht der Eindruck, daß er die Bundesdeutsche Fahne verunglimpft. So erweckt man bewußt einen falschen Eindruck beim Leser oder Zuhörer, ohne direkt zu lügen.

Oder, was man immer wieder in Zeitungen lesen oder in den Nachrichten hören kann: „Bei einer Demonstration oder einer Hausdurchsuchung sind Waffen gefunden worden.“ Jeder glaubt, daß es sich bei den Betreffenden um gefährliche Personen handelt. Aber rechtlich gesehen wird schon ein Tränengasspray, ein Messer, ein Schreckschußrevolver oder ein Baseballschläger als Waffe gewertet. Diese Waffen sind frei verkäuflich. Und in welchem Haushalt findet sich kein Messer? Aber selten sehen wir auf den Bildern in der Zeitung oder im Fernsehen illegale Waffen.

Auch kann man aus dem Besitz weniger Gramm Haschisch bereits einen internationale Rauschgiftbande machen. Unglaubwürdig? Nun, wenn jemand seinem Freund 2 Gramm Haschisch aus Amsterdam mitbringt oder gar zuschickt, dann kann man beide als Mitglied einer kriminellen Vereinigung bezeichnen, die sich im Drogenhandel betätigt. Und wer einige Gramm Haschisch zum Selbstkostenpreis abgibt, ist ein Drogendealer. Wer etwas zu schnell fährt ist ein Raser. Wer für die Abschaffung der Parkuhren eintritt ist ein Anarchist. Und wer zu Neujahr trotz aller Ermahnungen Feuerwerk kauft oder gar aus dem Ausland einführt, weil die dort lautere Kracher haben, ist ein Terrorist, denn er plant die Herbeiführung einer Explosion.

Und da fragt man sich doch, wofür der Geheimdienst so viele kleine, eigentlich belanglose Informationen über die Untertanen zusammenträgt. Dazu lesen wir in: Der Verfassungsschutz: Organisation, Spitzel, Skandale, von Claus Nordbruch, Tübingen, 1999 auf Seite 148 folgendes:

„Der Journalist Herbert Riehl - Heyse meinte vor einigen Jahren, daß jeder, der schon einmal eine Akte des Verfassungsschutzes in den Händen gehalten habe, wisse, welch teilweise intimen personenbezogenen Privatangelegenheiten in diesen Berichten, deren "einziges Gestaltungsprinzip die Unterstellung" sei, erschienen. Außerdem wisse derjenige auch, wie dieses "Gift, in amtliche kleine Phiolen ( "streng vertraulich" ) abgepackt, unter die Leute gebracht wird".

Nun, offensichtlich sind die Verfassungsschutzakten eine ergiebige Quelle, wenn man jemanden mittels kleiner Geschichten in seiner politischen Arbeit behindern will. Wie glücklich können sich die freien Schweizer schätzen, daß es dort nur von einem Drittel der Einwohner eine Akte des Geheimdienstes gibt. Und das hat beim Bekanntwerden schon zu einem Aufschrei geführt. Was würde wohl passieren, wenn jeder in Deutschland eine Kopie seiner Geheimdienstakten bekäme? Nun ja, die Deutschen sind ja in der Regel ein friedliches Volk. Aber trotzdem...

Übrigens wird die Desinformation bereits seit langer Zeit von deutschen Behörden verwendet. In der Zeit des dritten Reiches wurde der Bevölkerung als Erklärung für das Verschwinden von Juden, Zigeunern, Sozialisten, Anarchisten und anderen dem System unbequemen Personen verbreitet, daß diese in den Osten umgesiedelt werden. In der Tat lagen viele Konzentrationslager in den besetzten Gebieten des Ostens. Und in gewisser Weise wurden die Betroffenen vor der Ermordung auch umgesiedelt, selbst wenn dieser Mord direkt nach ihrer Ankunft geschah. Eine offensichtliche Verdrehung der Tatsachen, eine Desinformation.

Aber die Wahrheit zu diskutieren hat man sich nicht getraut. Denn man wußte ja, daß man für Meinungsäußerung und Defaitismus nach Dachau kommt. Und die Deutschen haben nun einmal das Rückgrad nicht erfunden, was wohl vor allem daran liegt, daß der Staat, also der Beamtenapparat, bereits beim ersten Anzeichen von Dissens mit aller Gewalt dieses Rückgrat zerbricht. Und zwar möglichst bevor politische Opposition entsteht. Denn so meint man, politische Verfolgung vermeiden zu können.

Man verfolgt die betreffenden Personen bereits bevor sie offen politisch auftreten. Jedenfalls dann, wenn die Geheimpolizei für das Politische der Meinung ist, daß man diese Personen nicht durch Manipulation und Desinformation in den Griff bekommen kann. Und natürlich gleichzeitig die von den betreffenden Personen vertretenen Meinungen und Ansichten richtig sind, so daß man ihnen nicht argumentativ begegnen kann. Wer unsinnige Ansichten vertritt, die ihm unter Umständen von den Geheimdiensten vermittelt wurden, ist natürlich kein Problem für den Beamtenapparat, denn er macht sich dadurch selber unglaubwürdig.

Dazu kann man vor allem die Personen zählen, die auf die entsprechenden Desinformationen der Geheimdienste hereingefallen sind und die Schuld für die vom Beamtenapparat verschuldeten gesellschaftlichen Mißstände bei den Freimaurern, Juden, Faschisten, Zigeunern, Politikern, Skinheads, den Kirchen oder kleinen Sekten suchen. Wenn diese, gesellschaftlich in der Regel unbedeutenden Gruppen tatsächlich die ihnen zugesprochene Macht hätten und so bösartig wären, wie man ihnen vorwirft, könnte man sie naturgemäß nicht ungestraft beschuldigen.

Aber wenn man dem staatlichen Beamtenapparat gegenüber nur ein noch so geringes Mißfallen ausdrückt, läuft man Gefahr, über Jahre hinweg massive Probleme bis hin zur offenen Gewalt auf sich zu ziehen. Dazu braucht man diesem Beamtenapparat nicht einmal seine Verfehlungen, sein totalitäres Verhalten, seinen Mangel an demokratischer Gesinnung und seine vollkommene Mißachtung des Grundgesetzes vorzuhalten. Es genügt in der Regel schon seine Meinung zu sagen. Auch wenn diese Meinung im Einklang mit den Gesetzen steht.

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