Angeworben! Was nun?

Eine Verpflichtungserklärung ist juristisch gesehen ein freiwillig abgeschlossener Vertrag zwischen zwei Parteien. Auf diesen finden also die allgemeinen Gesetze Anwendung. Insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch bietet demjenigen, der aus einem solchen "Knebelvertrag" heraus will eine Vielzahl von Möglichkeiten:

§ 119 ( Anfechtbarkeit wegen Irrtums ) (1) Wer bei Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtume war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, daß er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. (2) Als Irrtum über den Inhalt der Erklärung gilt auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen wird.

Wer weiß schon vor seiner Verpflichtungserklärung auf was er sich dabei einläßt? Denn das ist es ja gerade, was geheimgehalten wird. Auch durch die Verpflichtungserklärung.

§ 120 ( Anfechtbarkeit wegen falscher Übermittlung ) Eine Willenserklärung, welche durch die zur Übermittlung verwendete Person oder Anstalt unrichtig übermittelt worden ist, kann unter den gleichen Voraussetzungen angefochten werden wie nach § 119 eine Irrtümlich abgegebene Willenserklärung

Dieser § kann Hilfsweise als Ersatz für § 123 dienen.

§ 121 ( Anfechtungsfrist ) (1) Die Anfechtung muß in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern ( unverzüglich ) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist. (2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung dreißig Jahre verstrichen sind.

§ 123 ( Anfechtbarkeit wegen Täuschung und Drohung ) (1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen mußte. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen mußte.

Täuschung und/oder Drohung sind bei den Geheimdiensten immer Bestandteil einer Anwerbung. Insofern sind diese Anwerbungen immer nichtig. Wenn beispielsweise in der Umgebung einer Zielperson alle anderen, insbesondere aber alle Familienmitglieder soweit wie möglich angeworben werden, so handelt es sich bei diesen Anwerbungen immer um arglistige Täuschung. Denn über den tatsächlichen Grund für die Anwerbung wird der Angeworbene natürlich getäuscht.

§ 124 ( Anfechtungsfrist ) (1) Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen. (2) Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften des § 203 Abs. 2 und der §§ 206, 207 entsprechend Anwendung. (3) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung dreißig Jahre verstrichen sind.

Bei Erkennen der arglistigen Täuschung hat der Geheimdienst den Angeworbenen in der Regel bereits fest im Griff. Das heißt, er wird von seinen Auftraggebern ab dem Moment erpreßt in dem er die Täuschung erkennt. Sicherlich ist dieser § so aufzufassen, daß in diesem Falle des Überganges von der Täuschung zur Drohung ebenfalls die Jahresfrist unterbrochen wird und erst mit dem Ende der Drohung beginnt. Natürlich kann der unter Druck gesetzte jederzeit die Anwerbung anfechten, wenn er sich stark genug fühlt, mit der Drohung fertig zu werden.

§ 125 ( Nichtigkeit wegen Formmangels ) Ein Rechtsgeschäft, welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit zur Folge.

§ 126 ( Gesetzliche Schriftform ) (1) Ist durch ein Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muß die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. (2) Bei einem Vertrage muß die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. (3) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

Diese Paragraphen sind der Vollständigkeit halber mit aufgeführt, da sie eventuell zutreffen könnten.

§ 133 ( Auslegung eine Willenserklärung ) Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdruckes zu haften.

Das trifft insbesondere auf das immer tiefere Verstricken von Mitarbeitern in Geheimdienstangelegenheiten, die von den Betreffenden bei der Unterzeichnung sicher nicht gewollt waren

§ 134 ( Gesetzliches Verbot ) Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Also kann auch illegale Bespitzelung nicht verlangt werden.

§ 138 ( Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher ) (1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren läßt, die in einem auffälligen Mißverhältnis zu der Leistung stehen.

Ein Vertrag zur Bespitzelung und Hintergehung anderer ist immer sittenwidrig. So wurde bereits in den fünfziger Jahren von einem deutschen Gericht entschieden, daß eine solche Verpflichtungserklärung nichtig ist.

§ 139 ( Teilnichtigkeit ) Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, daß es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

§ 142 ( Wirkung der Anfechtung ) (1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen.

§ 143 ( Anfechtungserklärung ) (1) Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner. (2) Der Anfechtungsgegner ist bei einem Vertrage der andere Teil, im Falle des § 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige, welcher aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erworben hat. (3) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft, das einem Anderen gegenüber vorzunehmen war, ist der Andere der Anfechtungsgegner. Das gleiche gilt bei einen Rechtsgeschäfte, das einem Anderen oder einer Behörde gegenüber vorzunehmen war. Auch dann, wenn das Rechtsgeschäft der Behörde gegenüber vorgenommen worden ist. (4) Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft anderer Art ist ein Anfechtungsgegner jeder, der auf Grund des Rechtsgeschäfts unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt hat. Die Anfechtung kann jedoch, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben war, durch Erklärung gegenüber der Behörde erfolgen; die Behörde soll die Anfechtung demjenigen mitteilen, welcher durch das Rechtsgeschäft unmittelbar betroffen worden ist.

Wie man sieht spricht eine Vielzahl von Gesetzen in Wortlaut und Sinn gegen die Gültigkeit von Verpflichtungserklärungen gegenüber den Geheimdiensten, so daß sich niemand daran gebunden fühlen muß, es sei denn, daß der Geheimdienst ihn erpreßt. Und das wäre wiederum eine Straftat, die die Geheimdienstler begehen würden. Wenn also Geheimdienstinformation weitergegeben wird, sei es an die Öffentlichkeit, die Justiz oder den Ehepartner, so kann, bei entsprechender Aussage des Opfers, immer davon ausgegangen werden, daß eine Erpressung oder der Versuch einer Erpressung durch den Geheimdienst vorangegangen ist.

Und Nötigung, auch der Versuch dazu, kann nach § 240 Strafgesetzbuch mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe, in besonders schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden. Natürlich auch dann, wenn die Drohung nicht offen ausgesprochen wird, sondern dem Opfer auf andere Weise klar gemacht wird. Es bleibt nur das Problem des Beweises. Aber bei derart übel beleumundeten Gestalten, wie es Spitzel und Spione sind, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben gegen jedes nur erdenkliche Gesetz verstoßen, sollte auch das kein unüberwindliches Hindernis sein.

Diese juristischen Punkte gelten natürlich nur für gesellschaftliche Mitarbeiter, die tatsächlich eine Verpflichtungserklärung unterschrieben haben. Für die vielen kleinen Spitzel, die für jemanden Arbeiten ausführen, der sagt er käme "vom Staat", ohne genau zu wissen, welche Behörde damit gemeint ist, gelten diese Ausführungen natürlich nicht. Auch nicht für die, die einem "Freund" "gefällig" sind. In diesen Fällen zählt dann wohl das Recht des Stärkeren.

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