Dieser Artikel steht in Bezug zum vorhergehenden und verdeutlicht, daß bereits 1932 die Auswirkungen von Radiofrequenzstrahlung intensiv erforscht wurden.

Die Beeinflussung vegetativer Zentren im Kurzwellenfeld

B. Ostertag
In: Deutsche Medizinische Wochenschrift, 1932, Nr. 32, S.1240-1241

Wie in der vorhergehenden Abhandlung von Schliephake ( Anmerkung: Arbeitsergebnisse auf dem Kurzwellengebiet ) dargelegt, wies ein Teil der in der Hals und Nackengegend den Kurzwellen ausgesetzten Kainchen stärkere Störungen in der Wärmeregulation auf. Ganz grob sind 3 Gruppen zu unterscheiden, einmal die Tiere, die annähernd poikilotherm werden, also die, die die sonst beim Kaninchen stark ausgeprägte Fähigkeit selbst bei Temperaturschwankungen großen Umfanges die Körperwärme zu regulieren, verloren hatten. Eine zweite Gruppe war hyperthermisch und ging ( ohne Rücksicht auf die Außentemperatur ) von Temperaturen um 41 ° herum überhaupt nicht mehr herab, und eine dritte Gruppe hatte die Fähigkeit verloren, auf Pyrifer mit Fieberanstieg zu reagieren, die Tiere konnten die Körpertemperaturen nur innerhalb beschränkten Umfangs angleichen. Von diesem Verhalten der besendeten Tiere konnten wir uns im eigenen Versuchsstall über längere Zeit hindurch überzeugen. Über die Wellenlänge und die Intensität der Besendung war mir zunächst nichts bekannt, und so ist es von besonderem Interesse, dass die verschiedenen Typen und die verschiedenen anatomischen Befunde konform gehen mit der Anwendung verschiedener Wellenlängen.

Am interessantesten und deshalb vorangestellt seien diejenigen Tiere, die mit der Wellenlänge Lambda = 3,20 m besendet worden waren. Diese hatten ausgesprochene Störungen in der Temperaturregulation und reagierten nicht mehr mit Fieberanstieg auf die Pyriferinjektionen, was sie vor der Besendung eindeutig getan hatten. Bei ihnen fand sich nun in geradezu photographischer Treue eine schwere Erkrankung gewisser Zellkomplexe im kaudalen Drittel des vegetativen Oblongatakernes ( sogenannter dorsaler Vaguskern ), und zwar gerade kaudalwärts der Gegend, in der nach F.H. Lewy bei Extirpation des Pankreas eine retrograde Zellerkrankung aufzutreten pflegt, bzw. auch in der Region, in der wir vegetative Zentren für Lunge und Nebenniere mit anzunehmen haben. Die weiter vorn gelegenen Partien waren meist nicht betroffen. (...)

In den ausgesprochensten Fällen sehen wir schwere vakuolige Zellerkrankungen ( Daß es sich etwa um reine Hitzeschädigung der großen somatochromen Zellen handelt, konnte ausgeschlossen werden. ), im Verlauf deren die Silberfibrillen zugrundegehen und schließlich die Zellen selbst verschwinden. Echte Neuronophagie ist kein seltenes Bild. Läßt man diese Tiere nun lange genug leben, dann bekommt man in den periventrikulären Kernen, und zwar vorwiegend in einem Kerngebiet medial der Fornixsäule (...) Zellerkrankungen: zunächst das typische Bild der primären Reizung, das aber doch zum allmählichen Zelltod ( Ausfall und Narbe ) führt. In diesem Kerngebiet liegt auch oral, wie wir seit langem wissen, das Wärmezentrum, und wir haben somit feststellen können, dass die geschilderte Einwirkung der kurzen Wellen primär die Zellen im vegetativen Oblongatakern schädigt, von wo aus auch eine sekundäre Degeneration der Infundibulumkerne erfolgt. ( Die Störung in der Wärmeregulation selbst dürfte über die peripheren Körperparenchyme ( Nebenniere, Pankreas? ) gehen. Wir werden sie wohl mit Recht auf eine gesteigerte Verbrennung der Kohlenhydrate zurückführen müssen, wofür auch Stoffwechseluntersuchungen bezüglich des Zuckers zu sprechen scheinen. Die Übereinstimmung der Regulationsstörungen mit früheren experimentellen Untersuchungen ( besonders F.H. Lewy und seine Mitarbeiter ) sprechen in dem gleichen Sinne.

Während die Wellen um 3,20 m einer deutlichen Auswirkung auf bestimmte Zellgebiete fähig sind, sind die etwas längeren Wellen - es wurde mit solchen von 6 m abwärts gearbeitet - weniger elektiv wirksam. Es müssen nach den weit über das gesendete Feld hinausgehenden Wirkungen Beugungen, Reflexionen und Irradiationen stattgefunden haben. Wir finden neben der geringeren Schädigung der oben besprochenen vegetativen Kerne auch noch andere Zellelemente im verschiedensten Sinne geschädigt, insbesondere bei starker Feldeinwirkung, bei größerer Ampèrezahl: nämlich eine allgemeine Erkrankung der Nervenzellen, die auch gelegentlich im klinischen Bilde in motorischen Reizerscheinungen ihren Ausdruck findet. Mitunter gelingt es auch, bei den Wellen von 4,50 m abwärts und einer entsprechenden Feldstärke (...) Schädigungen am vegetativen Oblongatakern zu setzen, jedoch sind diese weitaus geringerer Art als die mit der noch kürzeren Welle gesetzten Schädigungen der genannten Kerne. Diese Tiere gehören zu der Gruppe, die dauernd hypertherm waren, was ich als Folge eines Reizzustandes der fraglichen Zentren auffassen möchte. Bei längerer Besendung wurden noch mehr diffuse Schädigungen gesetzt, insbesondere neben dem vegetativen Oblongatakern, auch besondere Zellen im vegetativen Trigeminuskern und seitlich des Strickkörpers geschädigt; und bei diesen Tieren trat außer der Störung in der Wärmeregulation auffallend häufig eine Pneumonie ein. (...)

Wie sollen wir uns die Wirkung der Wellen vorstellen? Wahrscheinlich ist nur das eine, dass der Effekt auf der lokalen Wirkung der elektrischen Energie in der Zelle beruht. Welche Wellenlänge tatsächlich nun in dem Zellprotoplasma wirksam ist, wissen wir heute noch nicht, denn ein großer Teil der Wellenlänge und Energie wird abgewandelt beim Durchdringen des Haarkleides und des Knochens. Sicher ist nur, dass bei längeren Wellen wesentlich mehr abgelenkte und seitlich sich verbreitende Wellen Bedeutung gewinnen, denn hier geht die Wellenwirkung über das Kondensatorfeld weit hinaus. Infolgedessen haben auch die gefundenen Werte nur für das Kaninchen Gültigkeit, bei anderen Tieren wirkt Knochen und Haarkleid entsprechend anders.

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