Ein Beitrag zum Verhalten der Netzhautgefäße bei Ultrakurzwellen-Durchflutung des Kopfes

Hans Alm
In: Strahlentherapie 87: 1, 140-147, 1952

(...) Wenn durch UKW-Durchflutung des Kopfes eine Hyperämie des Augenhintergrundes zustande kommt, muß sich diese Reaktion auch auf die Verschmelzungsfrequenz des Auges auswirken. Die Verschmelzungsfrequenz wurde von Talbot und Helmholtz wie folgt formuliert:
"Wenn eine Stelle der Netzhaut des menschlichen Auges von periodisch veränderlichen oder regelmäßig in derselben Weise wiederkehrendem Lichte getroffen wird und die Dauer der Periode hinreichend kurz ist, so entsteht ein kontinuierlicher Eindruck, der dem gleich ist, welcher entstehen würde, wenn das während einer jeden Periode eintreffende Licht gleichmäßig über die Dauer der Periode verteilt würde."
Die Verschmelzungsfrequenz liegt dabei je nach Lichtstärke und Ort der Reizung auf der Netzhaut zwischen 10 und 70 Lichtreizen pro Sekunde

Physiologisch gesehen erleidet nach Rein das an die Stäbchenelemente der Netzhaut gebundene Rhodopsin bei Lichteinfall ins Auge eine kontinuierliche Veränderung. Die durch Lichteinfall ausgelöste chemische Reaktion regt nun ihrerseits die Nervenendigungen an. Durch die Trägheit der Reaktion überdauert der Lichteindruck den Reiz ( positives Nachbild ) für kurze Zeit, und es wird verständlich, daß mehrere kurz aufeinanderfolgende Lichtreize verschmelzen und als Gleich-Dauerlicht erscheinen. Daß nun die Verschmelzungsfrequenz eng mit der Durchblutung des Augenhintergrundes zusammenhängt, konnte von uns sehr gut durch folgende Untersuchung gezeigt werden (...) Bei diesen Versuchen benutzten wir ein von der Firma C. Lorenz A.G. Berlin-Tempelhof entwickeltes Flimmer-Test-Gerät. Ein Gerät, mit dessen Hilfe die Verschmelzungsfrequenz einwandfrei festgestellt werden kann. (...)

4. Versuchsreihe
Querdurchflutung des Kopfes mit UKW
In dieser Versuchsreihe werden die Elektroden bei der Querdurchflutung des Kopfes so angeordnet, daß das zu untersuchende Auge im Hochfrequenzfeld liegt (...), wobei möglichst vermieden wurde, daß das Auge direkt vom UKW-Feld getroffen wird. Die Feldlinien müssen dabei, um auf die Gefäße des Augenhintergrundes wirken zu können, Cutis und Schädelknochen passieren. (...)
Gerät: Celotherm-Junior ( Wellenlänge 7,36 m ), Abstand zwischen Elektroden und Kopf 20 mm, Elektrodengröße b = 95 mm Durchmesser, c = 140 mm Durchmesser, gemessene Senderleistung während der Durchflutung 130-140 W. Zeitraum der Messreihe 12 Minuten, wobei alle 2 Minuten die Verschmelzungsfrequenz bestimmt wurde. Während des Messvorganges wurde darauf geachtet, daß sich das UKW-Feld nicht verändert.

Es kommt, siehe Kurvenbild 6, nach ca. 2 Minuten der UKW-Durchflutung zu einer Steigerung der Verschmelzungsfrequenz ( delta f = im Mittel 5 Hz ), die nach ca. 8 Minuten nicht mehr wesentlich zunimmt. (...) Bei längeren Durchflutungen kommt es, wie wir immer wieder feststellen konnten, zu einem Absinken der Verschmelzungsfrequenz. Dies bedeutet, daß Überdosierung ( Verlängerung der UKW-Durchflutung über die Zeit von 10 Minuten ) Vasokonstriktionen der Gefäße des Augenhintergrundes hervorrufen. (...) Andererseits konnten wir qualitativ das Anhalten der ausgelösten Hyperämie nach Abschalten der UKW mit dem Flimmer-Test-Gerät gut verfolgen.

Noch Stunden nach der UKW-Durchflutung stellten wir bei verschiedenen Versuchspersonen eine erhöhte Verschmelzungsfrequenz und damit eine Hyperämie des Augenhintergrundes fest ( Kurvenbild 7 ).
Dieses lange Anhalten der Hyperämie der Gefäße des Augenhintergrundes spricht für den direkten physiko-chemischen Effekt der UKW auf den Gefäßtonus, da es bei Einhalten obiger Versuchsanordnung ( Versuchsreihe IV ) zu einer wesentlichen Erwärmung der im Feld liegenden Hauptpartien nicht kommt ( Tiefenwirkung ). (...)

Zusammenfassung
Es wurde durch Bestimmung der Flimmer-Grenzfrequenz mit Hilfe eines Flimmertestgerätes gezeigt, daß eine Hyperämie des Augenhintergrundes durch Ultrakurzwelle nur dann eintritt, wenn die Augenbulbi direkt durchflutet werden. Es wurde weiterhin berichtet, daß bei einer Durchflutungsdauer der Augenbulbi von ca. 10 min. ein Maximum der Gefäßerweiterung erreicht wird und die Hyperämie noch Stunden nach Abschalten der Ultrakurzwelle anhält.

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