Die biologische Wirkung kurzer Wellen

Victor Tomberg
n: Radiowelt, 1930, 25, S. 786f

(...) Im Jahre 1926 hatte Schereschewsky in Amerika die Entdeckung gemacht, dass nicht nur die Hochfrequenzströme selbst, sondern auch die in ihrer Umgebung auftretenden Felder einen Wärmeeffekt besitzen. Speziell im Kondensatorfelde eines Kurzwellen-Hochfrequenzkreises ist die thermische Wirkung sehr ausgeprägt. Die Hochfrequenzschwingungen erzeugte er mittels eines auf kurzen Wellen arbeitenden Röhrengenerators ( Wellenlänge 2-30 m ). Das Kondensatorfeld bildete einen Teil des frequenzbestimmenden Schwingungskreises. Bei diesen Versuchen zeigte sich, dass Mikroorganismen ( Bakterien, Pilze u.a. ) sowie kleine Tiere, z.B. Fliegen und Mäuse, die man auf einige Zeit in das Kondensatorfeld brachte, abgetötet wurden. Diese Forschungen wurden von den Forschern Baldwin, Christie und Loomis weitergeführt und ergaben, dass das Zugrundegehen von Organismen nichts anderes ist als eine durch das Hochfrequenzfeld bedingte innerliche Verbrennung.

Auch in Europa wurde eifrig an diesen Kurzwellenproblemen gearbeitet, wie die Untersuchungen von Müller und Stieböck in Wien und Esau und Schliephake in Jena beweisen. Die Versuche letzterer Forscher ergeben ebenfalls, dass hauptsächlich die Hitzewirkung für das Zustandekommen biologischer Effekte maßgebend ist. Es gelangen z.B. im Kondensatorfelde ohne weiteres Temperatursteigerungen bis 100 Grad Celsius; Grashalme verkohlen und kleine Lebewesen werden bei Überschreitung der Bluttemperatur von 45 Grad Celsius getötet. Natürlich gehen auch Krankheitserreger zugrunde, da diese nicht mehr als meistens zirka 60 Grad Celsius aushalten. (...)

Die Elektronenröhre (...) gestattet die Erzeugung kräftiger Schwingungen auf Kurzwellen bis 15 cm Wellenlänge herab. Die biologische Wirksamkeit der Kurzwellen liegt, soweit es die Versuche bis jetzt erkennen lassen, im Gebiete unter 40 m Wellenlänge. Zwischen 5 m und 40 m ist z.B. die Letalitätszeit von Mäusen, - d. i. die Zeit, die zu ihrer Tötung notwendig ist - , der Kondensator-Feldenergie proportional, unter 5 m ergeben sich periodische Schwankungen dieser Abhängigkeit.

Dieser Umstand lässt bereits die Vermutung aufkommen, dass neben der Hitzewirkung, die allein von der Feldenergie und spezifischen Beschaffenheit des im Felde befindlichen Körpers abhängt, noch andere biologisch wirksame "Komponenten" vorhanden sein müssen. Durch meine Untersuchungen, welche ich seit längerer Zeit im Institut für allgemeine und experimentelle Pathologie in Wien durchführe, konnte ich unter anderem den Nachweis erbringen, dass diese Vermutung zu Recht besteht und neben der Hitzewirkung noch eine "spezifisch elektrische" Wirkung vorhanden ist. Es zeigte sich nämlich auf kolloidchemischem und serologischem Gebiete bei ganz bestimmten Frequenzen eine maximale Wärmeerhöhung bei gleichbleibender Feldenergie. Dieses Verhalten lässt bei näherer Untersuchung deutlich einen mechanisch-elektrischen Resonanzeffekt im molekularen Komplexe erkennen. Verschiedene Schwierigkeiten in technisch-physikalischer Hinsicht mussten durch Schaffung von speziellen Senderapparaturen und Messgeräten beseitigt werden. Die Versuche wurden größtenteils mit geringen Energien durchgeführt. (...)

Beim Zustandekommen biologischer Effekte dürfte (...) die spezifisch elektrische Komponente eine große Rolle spielen, wie es meine bisherigen Versuche erkennen lassen. Die Erforschung dieses Gebietes geht leider infolge der Kostspieligkeit der Versuche und Spezialröhren sehr langsam vor sich. (...) Die biologische Wirkung der kurzen Wellen beschränkt sich nicht nur auf das im Sender befindliche geschlossene Kondensatorfeld. Auch die Umgebung eines Kurzwellensenders zeigt merkbare Einflüsse auf den Organismus, wie die diversen Beobachtungen lehren.

So leiden z.B. Menschen, die in der unmittelbaren Nähe eines solchen Senders lange Zeit beschäftigt sind, unter Temperatursteigerungen, Mattigkeit und Kopfschmerzen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn die Körperlänge des betreffenden Menschen ungefähr gleich der halben Wellenlänge des Senders ist. Der Körper wirkt dann wie eine in ihrer Eigenwellenlänge erregte Dipolantenne. Da die Körpergröße zwischen 1,50 und 2 m schwankt, so wirkt sich diese Erscheinung hauptsächlich bei sehr starken Sendern aus, die auf der Welle 3 bis 4 m arbeiten.

Irgendwelche ernstere Schädigungen solch offener Kurzwellenfelder sind nicht bekannt, wohl deswegen, weil die Wirkung im Vergleich zum geschlossenen Kondensatorfeld sehr gering ist. Verwendet man beim Sender eine gerichtete Strahlungsantenne, so ergibt sich ebenfalls ein gerichtetes, biologische Wirkungen zeigendes Feld. Man kann dann auf Distanz einen Hitzeeffekt hervorrufen. In dieser Art mögen wohl die seinerzeit Sensation erregenden "Todesstrahlen" eines Engländers gewesen sein. Vorläufig ist aber nicht zu befürchten, dass diese gerichteten Kurzwellenfelder für militärische Zwecke ein brauchbares Kampfmittel abgeben. Die Energien, die hierzu nötig wären, sind noch viel zu phantastisch groß.

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