Avoidance by rats of illumination with low power nonionizing electromagnetic energy
Allan H. Frey; Sondra R. Feld
Journal of Comparative and Physiological Psychology 89 (2), 183-188, 1975

Ratten vermeiden Bestrahlung mit nichtionisierender Strahlung niedriger Energie

Ratten verbrachten mehr Zeit in den Hälften von Transportkisten die vor der Bestrahlung mit Mikrowellenenergie der Frequenz 1,2 GHz abgeschirmt waren als in den nicht abgeschirmten Hälften. In Versuch 1 vermieden die Ratten die Mikrowellenergie wenn sie als Pulse von 30 Mikrosekunden Länge mit einer Pulswiederholrate von 100 Pulsen pro Sekunde ( pps ) abgestrahlt wurde. Die durchschnittliche Leistungsdichte betrug ungefähr 0,6 mW/cm2 und die Spitzenleistung ungefähr 200 mW/cm2. In Versuch 2 wurde die Mikrowellenenergie sowohl ungepulst als auch in pulsmodulierter Form verwendet, das heißt von 0,5 Millisekunden Länge exponentiell abnehmende Pulse mit einer Pulswiederholrate von 1000 Pulsen pro Sekunde. Die Durchschnittsleistung der ungepulsten Mikrowellenergie betrug 2,4 mW/cm2 und die der pulsmodulierten Mikrowellenenergie 0,2mW/cm2. Die Spitzenleistung der modulierten Mikrowellenenergie betrug 2,1 mW/cm2. Die Ratten vermieden die gepulste Mikrowellenenergie, nicht aber die ungepulste.

Menschen, Katzen und Ratten sind empfindlich für pulsmodulierte nichtionisierende elektromagnetische Energie niedriger Energiedichte. (...) Wenn Menschen bestrahlt werden berichten sie daß sie ein Brummen, Zischen und andere Geräusche hören obwohl die übertragene Energie nicht akustisch sondern elektromagnetisch ist.

Das elektromagnetische Spektrum umfasst die Wellenlängen im Bereich zwischen 3x10hoch7 Meter bis 0,003 Angström ( Anmerkung des Übersetzers: Ein Angström = 10x10hoch-10 Meter ). Die Energie kann sich im Vakuum sowie unterschiedlich gut in einer Reihe von Medien wie Luft und Wasser ausbreiten. Elektromagnetische Energie mit sehr kurzer Wellenlänge ist ionisierend. Die in dieser Untersuchung verwendete Energie mit größerer Wellenlänge ist nicht ionisierend. Sie liegt im Radiofrequenzbereich des elektromagnetischen Spektrums. Der Radiofrequenzbereich des elektromagnetischen Spektrums umfasst die Frequenzen zwischen 10hoch3 und 10hoch11 ( Wellenlänge zwischen 3x10hoch5 und 3x10hoch-3 Metern ) und umfasst die von Radiosendern, Radar und Mikrowellensystemen abgestrahlte Energie.

Elektromagnetische Energie entsteht durch eine Änderung im Bewegungszustand eines Elektrons. Diese Änderung wird von der Abstrahlung oder Aufnahme von elektromagnetischer Energie begleitet. Die Wellenlänge der abgestrahlten elektromagnetischen Energie ist umgekehrt proportional zu der Größe der Energieänderung. Elektromagnetische Energie wird beispielsweise abgestrahlt wenn Elektronen in einem Leiter hin und her bewegt werden. Eine Sendeantenne ist ein solcher Leiter in dem Elektronen bewegt werden. Sichtbares Licht ist ein Beispiel für elektromagnetische Energie und wird hervorgerufen wenn Elektronen beim Wechsel von einer Umlaufbahn um einen Atomkern in eine andere ihren Energiezustand ändern. Da zelluläre Vorgänge elektrochemische Reaktionen sind bei denen Bewegungen von Elektronen stattfinden, sind sie auch mit der Abstrahlung oder der Aufnahme von elektromagnetischer Energie verbunden.

Sich ausbreitende elektromagnetische Wellen ändern sich zeitlich und räumlich. Das physikalische Maß das sich ändert besteht eigentlich aus zwei physikalischen Größen: dem elektrischen und dem magnetischen Feldvektor. Das elektrische Feld in einem Raum wird durch die Kraft definiert die es auf eine in ihm befindliche elektrische Ladung ausübt. Das magnetische Feld in einem Raum wird durch die Kraft definiert die es auf eine in ihm bewegte elektrische Ladung ausübt. Die Werte von elektrischem und magnetischem Feld ändern sich an einem gegebenen Ort im Raum mit der Zeit, sind aber nicht voneinander unabhängig. Die Vektoren beider Felder sind senkrecht zueinander und jeweils senkrecht zur Richtung der Ausbreitung. Die elektromagnetische Energie kann horizontal, vertikal oder zirkular polarisiert sein und die Orientation eines in einem elektromagnetischen Feld bestrahlten Körpers, sei er nun ein Stück Körpergewebe oder eine Antenne, beeinflusst die Menge der von ihm aufgenommenen Energie. Die elektromagnetische Energie die einen Körper bestrahlt wird von diesem gestreut und absorbiert wobei die Menge der absorbierten Energie von vielen voneinander abhängenden Faktoren wie Wellenlänge der Energie, Größe des Körpers und elektrischen Eigenschaften des Körpers abhängt.

Man kann biologische Körper mit elektromagnetischer Energie in der Weise bestrahlen die die Übliche ist, das heißt in einem freien Fernfeld. Eine solche Bestrahlung erhalten wir von der von Fernseh- und Radiosendern abgestrahlten Energie. Freies Feld bedeutet, daß die Energie sich ohne Reflektion zurück auf den bestrahlten Körper im Raum ausbreitet. Fernfeld bedeutet, daß der bestrahlte Körper sich in einer Entfernung von der Sendeantenne befindet die größer ist als einige Wellenlängen, so daß die Einwirkung der elektromagnetischen Energie an einem Ort stattfindet, an dem diese auf ihrem Weg durch den Raum mehr oder weniger organisiert und gleichmäßig verteilt ist. Mann kann auch besondere Bestrahlungssituationen wie die in einem multimodalen Hohlraum aufbauen in dem die Bestrahlung mit elektromagnetischer Energie sich deutlich von der Bestrahlung im freien Fernfeld unterscheidet. Ein Mikrowellenofen ist ein solcher multimodaler Hohlraum.

Elektromagnetische Energie kann unmoduliert abgestrahlt werden oder auf verschiedene Weise, zum Beispiel mit einer Sinuswelle oder mit Pulsen moduliert werden. Modulation ist aus biologischer Sicht wegen der dadurch hervorgerufenen Wirkung sowie bei der Messung der Energiemenge die einen Körper bestrahlt von Bedeutung. Beispielsweise wird das Elektroencephalogram durch in der richtigen Weise mit Pulsen moduliertes Licht beeinflusst, nicht aber durch ungepulstes Licht. Und wenn die elektromagnetische Energie moduliert ist, dann ist die durchschnittliche Energiemenge in dem Feld niedriger als die Energiemenge der Pulsspitze.

Im Allgemeinen wird die Energie als durchschnittliche Leistungsdichte, nämlich in Milliwatt pro Quadratzentimeter angegeben. Messung elektromagnetischer Energie ist ein schwieriges Problem, denn jedes Objekt das in das Energiefeld gebracht wird verursacht eine Änderung des Feldes was zu Messfehlern führt. Richtung des Feldes, Bündelung, Oberwellen und andere Einflüsse machen zusammen die Messung der Energie eines freien elektromagnetischen Feldes schwierig. Im Übrigen sind die Vorgänge bei der Beeinflussung von biologischem Gewebe durch elektromagnetische Energie nicht vollständig bekannt. (...)
Die Analyse der biophysikalischen Einflüsse von Bestrahlung mit elektromagnetischer Energie legt nahe daß die Ergebnisse der Erforschung des Radiofrequenzhörens und anderer veröffentlichter Wirkungen von Bedeutung für unser Verständnis des Transports und der Speicherung von Informationen im Nervensystem sind. (...)

Versuch 1
Die verwendete Mikrowellenquelle war ein an unsere Versuche angepasster gepulster Röhrengenerator. (...) Die Antenne strahlte die Energie in einen echofreien Raum der aus Eccosorb-340 Absorptionsmaterial bestand das Reflektionen verhinderte um ein freies Feld zu erhalten. Die Mikrowellenenergie hatte eine Frequenz von 1,2 GHz, die Pulslänge betrug 30 Mikrosekunden und die Pulswiederholrate war 100 Pulse pro Sekunde. Die abgestrahlte Energie war horizontal polarisiert.(...)

In Versuch 1 wurden zwei Transportkisten (...) aus Acryl konstruiert weil dieser Kunststoff oft bei der Bestrahlung von Tieren mit Radiofrequenzenergie verwendet wird und bei richtiger Anordnung wenig Einfluß auf das elektromagnetische Feld hat. (...)
Eine Abschirmung aus Eccosorb Material wurde zwischen die Sendeantenne und die eine Hälfte der Transportkiste gebracht. (...)
Das von der Hornantenne abgestrahlte Radiofrequenzfeld war breit genug um zwei Transportkisten gleichzeitig zu bestrahlen. (...)
Die rechte Hälfte der Kiste A und die linke Hälfte der Kiste B wurden vor dem Radiofrequenzfeld abgeschirmt um die mögliche Bevorzugung einer Seite durch die Versuchstiere auszugleichen.

Die durchschnittliche Energiedichte in dem nicht abgeschirmten Teil der Kiste A wurde mit 0,4 mW/cm2 gemessen. Die Spitzenleistung betrug 133 mW/cm2. Die gemessene durchschnittliche Energiedichte im abgeschirmten Teil der Kiste A betrug 2 % der Energiedichte im nicht abgeschirmten Teil. Der nicht abgeschirmte Bereich der Kiste B wurde mit 0,9 mW/cm2 durchschnittlicher Leistung und 300 mW/cm2 Spitzenleistung bestrahlt. Der abgeschirmte Teil der Kiste B wurde mit 7 Prozent der Energiedichte des abgeschirmten Bereichs bestrahlt. Es wurden acht Sprague-Dawley Ratten verwendet, die zu Beginn der Versuche ungefähr 125 Tage alt waren, ungefähr 250 Gramm wogen und zuvor noch nicht zu Versuchen verwendet worden waren. (...)
Nach dem die Tiere an die Umgebung gewöhnt worden waren, wurden sie nach dem Zufallsprinzip auf die Versuchsgruppe ( Bestrahlung mit gepulster Radiofrequenzenergie ) und die Kontrollgruppe ( Scheinbestrahlung ) aufgeteilt. (...)

Versuch 2
(...) Der Sender ermöglichte uns die Verwendung von drei Versuchsbedingungen: gepulste Bestrahlung, ungepulste Bestrahlung und Scheinbestrahlung.
Die mit Pulsen bestrahlte Gruppe wurde einer Spitzenpulsleistung von 2,1 mW/cm2 bei einer durchschnittlichen Leistungsdichte von 0,2 mW/cm2 ausgesetzt. Die mit ungepulster Energie bestrahlte Gruppe wurde einer Energiedichte von 2,4 mW/cm2 ausgesetzt. Die Spitzenleistung wurde durch Messungen der Wellenform mit einem Oszilloskop abgeschätzt und der erhaltene Wert wurde zur Kontrolle mit Messungen der durchschnittlichen Leistung verglichen. Jeder Puls mit einer Länge von 0,5 Millisekunden hatte eine Anstiegszeit von 1 Mikrosekunde und fiel dann exponentiell auf weniger als ein Drittel des Spitzenwertes ab. Eine Zahl von Versuchen haben gezeigt, daß die Anstiegszeit des Pulses für die biologisch Wirkung von Bedeutung sein kann während die Abfallzeit ohne Bedeutung ist. Die Pulswiederholrate betrug 1000 Pulse pro Sekunde. Jede der 18 weiblichen Sprague-Dawley Ratten wurde nach dem Zufallsprinzip auf eine der drei Bestrahlungsgruppen verteilt. Jedes Tier wurde 4 mal bestrahlt und jede Bestrahlung dauerte 30 Minuten. (...)

Ergebnis
(...) Die während der ersten 30 Minuten erhaltenen Daten wurden mit Hilfe des Mann-Whitney U Tests ausgewertet. In Versuch 1 verbrachten die mit pulsmodulierter Energie bestrahlten Tiere 29 % der Zeit im nicht abgeschirmten Teil der Transportkiste, verglichen mit 57 % der Tiere die scheinbestrahlt wurden. Der Unterschied ist signifikant ( U=0, p=0,014 ). Eine störende Wirkung war innerhalb 15 Minuten offensichtlich, denn die entsprechenden Zahlen die auf der bestrahlten Seite verbrachten Zeit betrug nach 15 Minuten 32 % für die bestrahlte und 54 % für die scheinbestrahlte Gruppe ( U=1, p=0,029 ). Diese Wirkung war während 7 Versuchstagen konstant und die Tiere verhielten sich in Kiste A und Kiste B ähnlich, obwohl die nicht abgeschirmten Bereiche der beiden Kisten mit unterschiedlicher Stärke bestrahlt wurden.
Der Zahl der durchschnittlichen Wechsel der Tiere von einer Seite der Kiste auf die Andere betrug bei den bestrahlten Tieren 7 und bei den nicht bestrahlten Tieren 15 pro Versuch ( U=0, p=0,014 ). (...)

In Versuch 2 wurde die Leistungsdichte auf einen Wert reduziert von dem wir annahmen daß er in der Nähe des Grenzwertes liegt. Bei drei Tiergruppen wurde gepulste Strahlung, ungepulste Strahlung und Scheinbestrahlung verwendet. Wir nahmen an, daß die Vermeidung der Bestrahlung nicht so schnell auftreten würde wie bei der stärkeren Bestrahlung in Versuch 1. Dazu verglichen wir die ersten 2 mit den letzten zwei der 4 Versuche der drei Bestrahlungsgruppen. Die Daten für die ersten 2 Bestrahlungen zeigen daß die Tiere die jeweils mit gepulster Energie, mit ungepulster Energie und Scheinbestrahlt wurden entsprechend 60 %, 64 % und 58 % der Zeit im nicht abgeschirmten Teil der Kiste verbrachten. Die Unterschiede waren nicht signifikant. ( gepulst gegenüber ungepulst: U=15, p>0,05; gepulst gegenüber unbestrahlt: U=18, p>0,05; unbestrahlt gegenüber ungepulst: U=18, p>0,05 ). Im Vergleich dazu zeigen die Daten der letzten beiden Versuche daß die mit gepulster Energie, mit ungepulster Energie und die Scheinbestrahlten Tiere entsprechend 30 %, 64 % und 52 Prozent der Zeit im nicht abgeschirmten Bereich der Kiste verbracht haben. Der Unterschied zwischen der mit gepulster und ungepulster Energie bestrahlten Tiere ist ebenso signifikant ( U=4, p=0,013 ) wie der zwischen den mit gepulster Energie bestrahlten und den Scheinbestrahlten Tieren ( U=4, p=0,013 ). Es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen den mit ungepulster Energie bestrahlten und den Scheinbestrahlten Tieren. ( U=13, p=0,05 ). (...)

Bewertung
Die Daten zeigen daß Ratten dazu neigen ein freies Feld von pulsmodulierter elektromagnetischer Energie mit niedriger Leistung zu vermeiden. Versuch 1 legt nahe daß weniger als 130 mW/cm2 Spitzenleistung und weniger als 0,4 mW/cm2 durchschnittliche Energiedichte reichen um diese Reaktion auszulösen. Die Ergebnisse von Versuch 2 zeigen, daß elektromagnetische Energie mit einer Spitzenleistung von 2,1 mW/cm2 und einer Durchschnittsleistung von 0,2 mW/cm2 ebenfalls vermieden wird und daß diese Werte in der Nähe der Grenze der Wahrnehmung oder der Grenze für die Motivation zur Vermeidung der Bestrahlung liegen. Ungepulste Strahlung schien keinen Einfluß auf das Verhalten der Tiere in der Kiste zu haben, obwohl die durchschnittliche Leistungsdichte höher war als die der gepulsten Strahlung die von den Tieren vermieden wurde. (...)
Die hier von uns veröffentlichten Ergebnisse die das Vermeidungsverhalten gegenüber elektromagnetischer Energie unter verschiedenen Bestrahlungsbedingungen zeigen geben die Möglichkeit die Frage des Mechanismus des Einflusses von radiofrequenter elektromagnetischer Energie auf das Verhalten sowie die biophysikalische Grundlage für das Verhalten zu untersuchen.

http://www.totalitaer.de