Auswirkungen von Radiofrequenzstrahlung auf den Organismus sind schon Anfang der 30er Jahre veröffentlicht worden.

Arbeitsergebnisse auf dem Kurzwellengebiet

Dr. E. Schliephake
In: Deutsche Medizinische Wochenschrift, 1932, Nr. 32, S. 1235-1240
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S.1237) Der Gesamtorganismus wird schon im Strahlungsfeld von starken Kurzwellensendern durch die freie Hertzsche Welle deutlich beeinflusst. Das empfinden alle Personen, die längere Zeit hindurch an solchen Sendern ohne genügende Schutzmittel haben arbeiten müssen. Es treten Erscheinungen auf, wie wir sie bei Neurasthenikern zu sehen gewohnt sind; starke Mattigkeit am Tag, dafür in der Nacht unruhiger Schlaf, zunächst ein eigenartig ziehendes Gefühl in der Stirn und Kopfhaut, dann Kopfschmerzen, die sich immer mehr steigern, bis zur Unerträglichkeit. Dazu Neigung zu depressiver Stimmung und Aufgeregtheit. Auch hierauf hat nach unseren Erfahrungen die Wellenlänge einen deutlichen Einfluß. Am unangenehmsten sind anscheinend die Wellen von etwa 4 - 5 m Länge. (...)

Durch Wärmewirkung allein lassen sich diese Erscheinungen nicht erklären. Dagegen geht die Abtötung von Tieren im Kondensatorfeld in der Hauptsache wohl zweifellos auf Überhitzung zurück. Tiere in geschlossenen Gefäßen sterben viel schneller ab als solche, die frei atmen können. Für die Erwärmung des Tierkörpers im Kondensatorfeld kommt aber nicht allein die in Wärme umgesetzte Kurzwellenergie in Frage, sondern es können auch noch Störungen der zentralen Wärmeregulation eine Rolle spielen. Neben der unmittelbaren elektrischen Erwärmung der Gewebe durch Ultrakurzwellen kennen wir auch mittelbare Erwärmungswirkungen. So hat Reiter gezeigt, dass der Verlauf der Erwärmung bei der Bestrahlung irgendeiner indifferenten Stelle so vorsichgeht, dass neben der starken lokalen Erwärmung eine allmähliche Erwärmung des übrigen Körpers durch den Wärmeausgleich infolge des Kreislaufapparates zustande kommt. Ganz anders ist jedoch die Wirkung bei Bestrahlung des Wärmeregulationszentrums im Gehirn, worauf ich am Schluß noch zurückkommen werde.

Dabei treten nämlich in der Peripherie fieberartige, sehr starke Erwärmungen auf, die größer sein können als die lokale Erwärmung, mithin also nicht durch Abtransport der Wärmemenge durch den Kreislauf entstehen können. Ein weiterer Beweis hierfür ist auch die Tatsache, dass nach Reiter Bestrahlung des Gehirns von Kaltblütern, die kein Wärmeregulationszentrum haben, niemals zu diesen Fiebererscheinugen führt. Die histologischen Veränderungen in den Geweben von kurzwellenbehandelten kleinen Tieren, die hauptsächlich von v. Öttingen untersucht worden sind, unterscheiden sich im allgemeinen nicht wesentlich von Wärmezerstörungen; bei einer bestimmten Welle können aber gewisse Zellgruppen selektiv geschädigt werden, und darauf beruht eben die Besonderheit der Kurzwellenwirkung ( vgl. auch den folgenden Vortrag von Ostertag ).

Das Blutbild erfährt verschiedenartige Veränderungen je nach Dauer und Ort der Besendung. Nach v. Öttingen, der dies an Tieren untersucht hat, erfolgt gewöhnlich zunächst ein kurzer Abfall der Leukozytenzahl, dann ein längere Zeit anhaltender Anstieg. Die einzelnen Formen der Leukozyten werden dabei in verschiedener Weise beeinflusst. Die Blutsenkungsgeschwindigkeit wird erhöht, ferner verändert sich, wie Pflomm gezeigt hat, die Blutgerinnungszeit. Die Veränderungen des morphologischen Blutbildes sind beim Menschen auf meine Veranlassung besonders von Nöller näher untersucht worden. Er fand, dass die Veränderungen, auf deren Art ich hier im Einzelnen nicht eingehen kann, je nach dem Ort der Besendung verscheiden sein können, und dass sie die einzelnen Blutbestandteile verschieden stark betreffen können. Die Leukozyten reichern sich meist in der Nähe der bestrahlten Stelle an, während ihre Zahl an entfernteren Punkten zurückgeht. Ähnlich verhält es sich mit der refraktometrisch bestimmten Konzentration des Serums.

Die örtlichen Wirkungen bestehen außer in der eben genannten Einwanderung von Leukozyten in einer starken Erweiterung der betroffenen Kapillaren. Im Gegensatz zu Wärmehyperämie bleibt diese Kapillarerweiterung, wie Pflomm gezeigt hat, noch lange Zeit hinterher bestehen und geht auf Adrenalin nicht wieder zurück. Ferner werden durch die Kurzwelleneinwirkung auch solche Gefäße erweitert, die vorher durch Adrenalin zur Kontraktion gebracht worden waren. Wie Pflomm auch auf Grund von Versuchen am Froschherzen annimmt, dürfte hier eine lähmende Wirkung auf die Sympathikusendigungen und eine vaguserregende Wirkung die Ursache sein. Reiter, der seit 3 Jahren umfangreiche Versuche über Ultrakurzwellen ausführt, hat eine Wellenlängenabhängigkeit auch dieser Wirkung gefunden. (...)

(S.1239f) Zuletzt möchte ich noch auf eine Anwendung der Kurzwellen hinweisen, bei der wir in die Funktion des Wärmezentrums Einblick zu gewinnen suchen. Durch in geeigneter Weise gekrümmte Kondensatorplatten gelingt es, ein bandförmiges Feld zu erzeugen, und wir haben mit einem solchen Feld den Hinterkopf und Nacken von Kaninchen behandelt. Dabei treten nun ganz eigenartige Störungen der Wärmeregulation auf, die je nach Stärke und Dauer der Einwirkung verschieden verlaufen. Erwähnenswert ist dabei, dass wir solche Störungen nur mit Wellenlängen unter 6 m hervorrufen konnten. Im Temperaturverlauf nach den Bestrahlungen lassen sich verschiedene Typen unterscheiden. Bei sehr starker Einwirkung sinkt anschließend an die Besendung die Temperatur bis um mehrere Grade ab. Sie kann sich dann wieder erholen, oder die Tiere gehen unter immer weiterem Absinken der Körperwärme ein.

Dabei sehen wir meist auch noch andere Störungen: Beschleunigung und unregelmäßige Atmung, starke Speichelabsonderung und Nasenschleimabsonderung wie bei einem Schnupfen, gelegentlich auch klonische Krämpfe der hinteren Extremität. Bei einer zweiten Gruppe fängt die Temperatur einige Stunden nach der Besendung an anzusteigen und hält sich einige Tage lang auf einer erhöhten Stufe. Bei einer weiteren Gruppe wird die Wärmeregulation auf einen erhöhten Wert eingestellt, um den sie sich dann dauernd einspielt. (...) Aber auch bei Tieren, die zunächst keine derartigen Störungen zeigen, lassen sich funktionelle Änderungen der Wärmeregulation nachweisen. Wenn wir gesunde Tiere einem Heißluftbad von 50° aussetzen, dann steigt ihre Körpertemperatur stark an, gleicht sich aber hinterher rasch wieder aus. Nach der Kurzwellenbesendung sehen wir aber häufig, dass die Fähigkeit zum Ausgleich gelitten hat. Entsprechend ist das Verhalten gegenüber einem Bad in kaltem Wasser. Besonders merkwürdig ist aber dabei, dass es Tiere gibt, deren Regulation nach oben hin zwar erhalten ist, die aber nicht mehr gegen Kälte regulieren können und umgekehrt.

Mein Mitarbeiter Strassburger hat Tieren Pyrifer eingespritzt, das regelmäßig nach 1-2 Stunden einen starken Temperaturanstieg hervorruft, aber nach der Kurzwellenbehandlung bei vielen in dieser Weise behandelten Tieren nicht mehr wirkt. Dabei sehen wir Tiere, bei denen die Reaktionsfähigkeit auf Pyrifer auch nach Wochen noch erloschen ist, und andere, wo sie nach einer gewissen Zeit wieder auftritt. (...) Ein eigenartiger Befund sind bei diesen Tieren die Erscheinungen, die an einen Schnupfen erinnern, und die während und kurz nach der Besendung auftreten. Weiterhin ist merkwürdig, dass fast alle die Tiere, deren Wärmeregulation stark gestört war, einige Zeit nach der Besendung, oft auch erst Wochen oder Monate später zugrundegingen, und zwar fanden sich bei der Sektion schwere Pneumonien und Pleuritiden, also Krankheiten, die wir als Erkältungskrankheiten anzusprechen pflegen. Durch die Beeinflussung des Zentralnervensystems ist also offenbar die Abwehrkraft gegen derartige Erkrankungen herabgesetzt worden.

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