Wie werden Briefe geöffnet?


Siehe auch Die Geschichte der Postöffnung

Zuerst werden Geheimdienstler versuchen, den Umschlag ohne die Anwendung von Wasser oder Dampf zu öffnen, da das die wenigsten Spuren hinterläßt. Das ist möglich, wenn sich der Klebstoff des verschlossenen Briefumschlages teilen läßt, so daß ein Teil auf dem Umschlag, der andere Teil auf dem Verschluß bleibt. Feste Umschläge mit viel Klebstoff und solche mit sehr wenig Klebstoff lassen sich so öffnen.

Bei diesem Verfahren wird das entsprechende Werkzeug an der Ecke des Umschlages angesetzt, die bei den normalen Umschlägen nicht mit Klebstoff versehen ist und so einen Ansatzpunkt für das Öffnen der Briefe bietet. Dann versucht man vorsichtig durch entsprechende Bewegung und Druck auf das Werkzeug den Umschlag zu öffnen. Oft läßt sich die untere Hälfte oder die Seite des Umschlages leichter öffnen, so daß man es auch hier versuchen kann.


Werkzeuge zum Öffnen von Briefen (1)

Wenn sich ein Umschlag nicht oder nicht vollständig trocken öffnen läßt, verwendet man Wasser. Das Wasser trägt man vorsichtig von außen an der Stelle auf den Umschlag, an der sich der Klebstoff befindet, auf. Dazu kann man Wattestäbchen benutzen. Dabei muß vermieden werden, daß Tinte feucht wird, da sie sonst verläuft. Der Umschlag kann so gebogen werden, daß der Brief nicht mit der feuchten Stelle in Berührung kommt. Wenn der Umschlag bereits ein Stück geöffnet ist, kann mach zum Schutz des Briefes ein Stück Kunststoff hinein schieben.

Die einfachste und am weitesten verbreitete Methode heimlich Briefe zu lesen besteht in dem Öffnen mit Hilfe von Dampf. Diese Methode kann aber nur angewendet werden, wenn der Öffner überzeugt ist, daß der Inhalt nicht durch Dampf oder Hitze beschädigt werden kann. Bei diesem Verfahren wird das entsprechenden Werkzeug unter die Lasche des Umschlages geschoben und damit diese nach oben gedrückt, während man gleichzeitig Dampf auf diese Stelle leitet. Nachdem sich dieses Stück gelöst hat, setzt man das Werkzeug an der nächsten Stelle an und wiederholt den Vorgang bis der Umschlag geöffnet ist. Erfahrene Brieföffner können auch das Werkzeug über die Dampfquelle halten und den Brief vorsichtig über das Werkzeug schieben. Die Geschwindigkeit richtet sich danach, wie schnell sich der Klebstoff löst.


Dampferzeuger (1)

Tesafilm Streifen auf dem Umschlag werden mit Tetrachlorkohlenstoff  entfernt. Dazu wird das Lösungsmittel neben dem Klebestreifen auf den Umschlag gepinselt. Wenn sich der Klebestreifen gelöst hat kann er vorsichtig mit einer Pinzette am äußersten Ende gepackt und abgelöst werden, um zu verhindern, daß an sichtbaren Stellen sichtbare Marken zurückbleiben. Man fährt fort, mit dem Pinsel Lösungsmittel aufzutragen. Nachdem man drei Zentimeter des Klebestreifens abgelöst hat, wird dessen Ende auf einem glatten Holzspatel befestigt. Wenn das ganze Klebeband abgelöst ist, wird das andere Ende ebenfalls an einem Holzspatel befestigt und mit der Klebeseite nach oben vorsichtig auf den Tisch gelegt.

Das Verschließen eines Briefes ist genauso wichtig wie das Öffnen. Dabei wird wenn immer möglich, versucht mit dem ursprünglich benutzten Klebstoff auszukommen. Ein nicht zu nasses Wattestäbchen wird über die Klebestellen des Umschlages gerollt und der Umschlag danach sofort verschlossen. Wenn der vorhandene Klebstoff nicht ausreicht, wird vorsichtig eine dünne Schicht Klebstoff auf die alte Schicht aufgetragen.  Nach dem Verschließen kann der Brief mit einem warmen Bügeleisen geglättet werden, ohne allerdings das Bügeleisen über den Umschlag zu bewegen. Zwischen Bügeleisen und Brief wird dabei ein Blatt Papier gelegt. Besser ist es den Brief mehrere Stunden zwischen schweren Büchern einzupressen, wenn die Zeit dazu vorhanden ist.

Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) betrieb eine vollautomatische Anlage zum Verschließen von vorher geöffneten Briefen. In der vertraulichen Verschlußsache MfS 052 Nr.: B49/72 heißt es: "Die Anlage dient zum Verschließen von konspirativ geöffneten Normalbriefen (...). Der Verschluß erfolgt dadurch, daß auf die Leimstelle der geöffneten Klappe ein dem Klappwinkel entsprechender Abdruck mit Zweitleim ausgeführt wird. Anschließen wird der Brief gefaltet und gepreßt." (2)

Wenn sogar die rückständige Stasi solche Geräte betrieb, kann man davon ausgehen, daß unsere Geheimdienste ähnliche betreiben.

Oft ist es aber gar nicht nötig den Brief zu öffnen, um den Inhalt zu lesen. Mit einem geschlitzten Stäbchen kann man durch die Öffnung am oberen Rand des Umschlages den Brief packen, durch Drehen des Stäbchens den Brief auf dieses aufrollen und aus dem Umschlag ziehen. Dazu fehlt bei Briefumschlägen ein Teil der Gummierung...und nicht um die Benutzung eines Brieföffners zu erleichtern. Nach dem lesen wird der Brief wieder aufgerollt, in den Umschlag geschoben und dort entrollt. Diese Methode wird schon seit mehreren hundert Jahren angewandt.

Eine neuere Methode besteht im Durchleuchten des Umschlages mit starken Lampen. Dabei wird eine Kamera eingesetzt, deren Objektiv eine sehr geringe Tiefenschärfe hat. Dadurch kann man auch bei mehrlagigen Briefen die einzelnen Seiten getrennt aufnehmen, da, abhängig von der Einstellung der Kamera, jeweils nur eine Seite scharf erscheint, während die anderen unscharf bleiben.

(1) Die ersten beiden Bilder sind aus dem Buch "CIA Flaps and Seals Manual" herausgegeben von John M. Harrison, Boulder, Colorado 1975 entnommen. In diesem Buch finden sich detaillierte Beschreibungen zum Öffnen von Briefen.
(2) Das dritte Bild und das Zitat sind dem Buch " Zwischen Überwachung und Repression-Politische Verfolgung in der DDR 1971-1989", Johannes Raschka, Opladen 2001 entnommen.

 
 

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