Seit Jahrzehnten wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die deutschen Geheimdienste von Anfang an zu einem großen Teil aus leitenden Funktionären und Tätern des 3. Reiches bestanden. Das trifft insbesondere auf den BND zu, der ja bereits 1946 als Organisation Gehlen gegründet wurde.
Die meisten dieser Täter wären viele Jahre im Gefängnis verschwunden oder gehängt worden, wenn sie erwischt und wegen ihrer Verbrechen vor Gericht gestellt worden wären. Um das zu verhindern mussten sie sich für die Alliierten unentbehrlich machen. Also begann die Organisation Gehlen damit, den Amerikanern Informationen über Osteuropa zu liefern. Und diese Informationen mussten für die Amerikaner interessant sein.
Da die Amerikaner nicht in der Lage waren, diese Informationen nachzuprüfen, wurden ihnen eine Vielzahl von Lügen über die Stärke und die Absichten der Russen untergeschoben. Nach Kriegsende haben die Russen gezielt nach Reinhard Gehlen gesucht, da er in der Wehrmacht die Abteilung Fremde Heere Ost geleitet hatte.
Gehlen hatte die Akten dieser Abteilung vor Kriegsende auf Film kopieren und an verschiedenen Stellen vergraben lassen und hat sich dann abgesetzt und mehrere Wochen versteckt. Diese Akten gab er dann an die Amerikaner weiter. Der BND ist also von einem Deserteur gegründet worden und durch einen massiven Verrat entstanden. Es ist gut vorstellbar, dass die Amerikaner Kopien dieser Akten an die damals noch verbündeten Russen weitergegeben haben, was dann möglicherweise zur Zerschlagung des deutschen Spitzelnetzes im Osten geführt hat.
Auch rein formal ist der BND ein Geheimdienst des 3. Reiches, da sich Reinhard Gehlen gleich nach Kriegsende im Mai oder Juni 1945 im Kriegsgefangenenlager in Wiesbaden die Genehmigung des Hitlernachfolgers Karl Dönitz zur Gründung eines Geheimdienstes holte.
Die Organisation Gehlen, die später in BND umbenannt wurde, hat sich in erheblichem Ausmaß durch den Verkauf von Waren auf dem Schwarzen Markt finanziert. Diese Waren, vor allem wohl Zigaretten und Konserven, wurden aus den Beständen der amerikanischen Armee gestohlen. Aber auch Care-Pakete, die von den Amerikanern für den hungernden ehemaligen Gegner gepackt wurden, sind von den Gründern des BNDs gestohlen und weiterverkauft worden. Während die deutsche Bevölkerung hungerte, fehlte es den für den Krieg Verantwortlichen weiterhin an nichts. Sie haben sich einfach genommen, was sie wollten.
Zu diesen Ursprüngen des BNDs findet sich in: „Der Spiegel“, Nr. 13, 2006 folgender Beitrag:
Jüngst freigegebene US-Akten belegen, dass im Bundesnachrichtendienst weit mehr NS-Schergen beschäftigt waren als bisher bekannt. Das führte anfangs zu Verwerfungen zwischen konkurrierenden amerikanischen Geheimdiensten.
Agent V-616 hatte eine bewegte Vergangenheit. Er war Sturmbannführer der SS, leitete in den besetzten Niederlanden die Gestapo und befehligte kurzzeitig das Lager Westerbork nahe Groningen – von wo aus Juden in die Gaskammern deportiert wurden.
Der Mann hieß Erich Deppner. Oder auch Egon Dietrich. Oder Ernst Borchert. Heinrich Himmler, der SS-Chef, hatte ihn während des Krieges für höhere Aufgaben empfohlen. Ein solches Avis war für manche NS-Kämpfer zeitlos, auch für Deppner: Er heuerte im neuen Deutschland beim Bundesnachrichtendienst ( BND ) an, der in der Frühphase „Organisation Gehlen“ hieß und dem US-amerikanischen Geheimdienst CIA unterstand.
Deppner alias Dietrich / Borchert alias V-616 – jetzt erst wird sein deutsches Doppelleben enttarnt. Zeitlich passend zum 50. Gründungstag des Bundesnachrichtendienstes am Samstag dieser Woche hat die CIA schubweise Tausende Seiten Akten freigegeben, die in bislang ungekannter Detailfülle den Geburtsfehler des nach dem Zweiten Weltkrieg auferstandenen deutschen Nachrichtendienstes dokumentieren: Er war durchsetzt mit ehemaligen Nazi-Kadern. (...)
Da gab es (...) SS-Standartenführer wie Willi Krichbaum oder Franz Six, der eine der gefürchteten Einsatzgruppen geleitet hatte.
Bekannt war auch, dass SS-Obersturmführer Hans Sommer, der 1941 im besetzten Paris sieben Synagogen sprengen ließ, Unterschlupf beim BND fand, ebenso wie Eichmann-Adjutant Alois Brunner, der immer noch weltweit wegen hunderttausendfachen Judenmords gesucht wird – Brunner soll als illegaler BND-Resident in Damaskus operiert haben.
„Wir wussten, was wir taten“, sagte der CIA-Russland-Experte Harry Rositzke. „Es war unbedingt notwendig, dass wir jeden Schweinehund verwendeten. Hauptsache er war Antikommunist.“
In welchem Ausmaß dies geschah, wird erst allmählich offenkundig. Neue, bislang unbekannte Namen tauchen in den CIA-Akten auf, quer durch alle Repressionsapparate der Nazis, ob Reichssicherheitshauptamt und Militärpolizei, Feldgendarmerie oder Gestapo. Karl Guse beispielsweise, der verdächtigt wurde, Kriegsverbrechen in Russland begangen zu haben. Veteranen aus Einsatzgruppen wie Walter Kurreck oder Konrad Fiebig; Letzterem wurde später die Ermordung von 11 000 Juden in Weißrussland angelastet. Alexander Dolezalek hatte in Posen sowie in Lodz Kleidung und Wertgegenstände aus den polnischen Vernichtungslagern versilbert.
Historiker wie der amerikanische Spezialist Kevin C. Ruffner gehen davon aus, dass etwa zehn Prozent aller Gehlen-Mitarbeiter der Frühphase in Machenschaften der SS verwickelt waren, bis hin zum Jahrtausendverbrechen Holocaust. Bei einer vermuteten Stärke der Organisation Gehlen von 4000 Mann im Sommer 1949 wären das etwa 400 Mann gewesen.
Der Berufsoffizier Gehlen war einst in Hitlers Wehrmacht zum Leiter der Abteilung Fremde Heere Ost im Oberkommando des Heeres aufgestiegen; ihr oblag es, die sowjetische Kampfkraft in „Feindlageberichten“ zu analysieren.
Als die russischen Panzer und das Ende Großdeutschlands nahten, hatte sich Gehlen Anfang April 1945 mitsamt Stab und seinem einzigartigen Schatz an Informationen über die Rote Armee in die bayerischen Alpen abgesetzt. Dort begab er sich in amerikanische Gefangenschaft. Der US-Armee schienen Gehlens Wissen und Kontakte so wertvoll zu sein, dass sie ihn bereits 1946 autorisierten, seine alte Dienststelle unter dem Decknamen „Operation Rusty“ wiederzubeleben, einschließlich angeblicher Agentennetze im Osten.
Bezahlt wurde das Unternehmen zum Teil auf ungewöhnliche Art – nämlich mit Naturalien aus den schier unerschöpflichen Beständen der US-Armee. „Nie gab es finanzielle Probleme“, heißt es in einem Report. „Waren aller Art, angefangen von Nylonstrümpfen, Seife und Care-Paketen bis hin zu unzähligen Millionen Zigaretten und Konserven“ habe die Organisation Gehlen auf dem Schwarzmarkt verkauft – und damit viel Geld verdient.
Die Existenz des neuen Nachrichtendienstes sprach sich schnell bei jenen herum, die wegen ihrer Nazi-Vergangenheit „gezwungen waren, in der Illegalität zu leben“ ( US-Geheimdienstbericht ). Ihnen bot die Organisation etwas Unbezahlbares: Falsche Ausweispapiere und eine neue Identität. Einmal eingestellt, bestand kaum mehr Entdeckungsgefahr, denn registriert wurden die Mitarbeiter nur unter einer Nummer. (...)
Bald betrachteten die amerikanischen Militärs Gehlens Dienst als „die zuverlässigste Quelle an Informationen über die russische militärische Stärke“. Als aber der Schwarzmarkt nach der Währungsreform 1948 zusammenbrach, war für Gehlen die Zeit gekommen, sich nach einem neuen Geldgeber umzusehen.
Die kurz zuvor geschaffene CIA war bereit einzuspringen, vor allem weil Gehlen plötzlich auftrumpfen konnte: Seine Angaben über die Anzahl und Standorte der sowjetischen Abfangjäger in der Ostzone während der Berlin Krise erwiesen sich als unersetzlich, US-Luftwaffengeneral Curtis LeMay nannte sie „ein grundlegendes Element für den Erfolg der Luftbrücke“.
Critchfield, der neue CIA-Kontrolleur in Pullach, verlangte schärfer als seine Army-Vorgänger Aufklärung über alle Operationen Gehlens und sämtliche Beschäftigte. Gehlen gewährte ihm nach heftigem Sträuben Einblick in die Personalakten seiner 150 hochrangigsten Mitarbeiter, vornehmlich frühere Wehrmachts- und Abwehroffiziere. Genauer hinschauen wollten die CIA-Leute dann aber nicht.
Misstrauen kam dagegen vom früheren Arbeitgeber, der US-Armee. Deren Abwehrtruppe CIC beobachtete den deutschen Dienst zunehmend voller Argwohn. So hielt das damit beauftragte Team um Thomas Wesley Dale es für „einen der größten nachrichtendienstlichen Fehler der USA“, den Gehlen-Dienst je übernommen zu haben. Gehlens Methoden seien veraltet, „sein System der Nachrichtenübermittlung ist primitiv, und seine Sicherheitsvorkehrungen sind gleich null. Die Gefahr, dass sein Dienst penetriert würde, bestand vom ersten Tag.“
Wie richtig das Dale-Team lag, zeigte sich bald. Als ein in die Organisation Gehlen eingeschleuster DDR-Spion im Oktober 1953 aus Furcht vor Enttarnung nach Ostberlin floh, wurden innerhalb weniger Stunden etliche westdeutsche Agenten in der DDR verhaftet. Später bat das Ministerium für Staatssicherheit zu Pressekonferenzen, in denen mehr Informationen über Gehlens Dienst präsentiert wurden, als die Verhafteten hätten verraten können. Seither war klar, dass es weitere Spione in der Organisation geben musste.
Gehlens politischer Ehrgeiz und sein mangelndes Risikobewusstsein drohten darüber hinaus, das gesamte westdeutsche Staatswesen verwundbar zu machen. Denn wie ein Krake streckte seine Organisation ihre Arme in den Sicherheitsapparat und die Machtzentren der Bundesrepublik aus. Der Oberagent sei „machthungrig, karrieresüchtig und ähnlich wie Ignatius von Loyola dazu fähig, Personen, die er heute als politische und persönliche Freunde bezeichnet, morgen zu ermorden“.
Diese Charakterisierung stammt zwar aus der Feder eines Ostspions, wurde vom CIC aber interessiert zur Kenntnis genommen. Denn auch das CIC zeichnete das Bild eines besessenen nationalistischen Geheimdienstchefs, der sich entgegen allen Abmachungen nicht an die in Demokratien übliche Trennung von Staatsschutz im Innern und Spionageoperationen nach außen halten wollte. Stattdessen erstrebte er einen Supergeheimdienst, der alle Dienste in einer Hand, nämlich seiner Hand, vereinen sollte.
Soweit der Spiegel Artikel. Alexander Dolezalek habe ich übrigens noch persönlich in den 80er Jahren kennengelernt. Während Reinhard Gehlen sich in den Alpen versteckte, wurden eine große Zahl von Soldaten aufgehängt, weil sie nicht mehr weiterkämpfen wollten.
Übrigens sind Deserteure auch noch nach Kriegsende vor Gericht gestellt und verurteilt worden! Für diejenigen die das nicht glauben wollen ist hier ein Leserbrief von Axel Springer wiedergegeben, der 1947 in der Zeitung „Die Welt“ erschienen ist. Dieser Leserbrief ist in der Beilage zum 60jährigen Bestehen der Zeitung „Die Welt“, Seite WR 4, Samstag 1.4.2006, wiedergegeben.
3. April 1947: Lob dem Deserteur / Von Axel Springer
Herz und Verstand drohen einem stillzustehen: Das Urteil gegen den in Lübeck zu fünf Monaten Gefängnis verurteilten „fahnenflüchtigen“ Karl-Ernst Garbe wurde von der nächsthöheren gerichtlichen Instanz in Kiel bestätigt!
Den Herren Richtern sei gesagt, dass es in Deutschland Gott sei Dank eine ganze Reihe von Menschen gab, die den letzten Krieg nicht als eine Auseinandersetzung zwischen Nationen ansahen, sondern als einen Kampf auf Leben und Tod zwischen Nazis und Nichtnazis. In diesem internationalen Bürgerkrieg hatte sich Garbe offensichtlich für die Partei der Nichtnazis entschieden.
Als Folge dieser Entscheidung wurde er „fahnenflüchtig“, nachdem die Nazis aus praktischen Erwägungen nicht nur ihre Anhänger, sondern auch deren erbittertste Feinde unter die Fahnen gerufen hatten. Das Lübecker Urteil drängt zur Kernfrage vor. War der gegen die Antinazis im In- und Ausland angezettelte Krieg rechtens oder nicht? Er war es nicht. Er war verbrecherisch, und Garbe hatte recht sich seiner Haut zu wehren.
Ich kenne Garbe nicht, aber die Sache ist klar und das Urteil ungeheuerlich. Man scheint in Lübeck und Kiel nie davon gehört zu haben, dass es Deutsche gab, die ihr Land mit mehr Verstand und Vorstellungskraft liebten, als dass sie ohne Zögern im Dienste der NS-Allgemeinheit ihre sogenannte Pflicht taten. Überzeugte Deserteure waren keine vaterlandslose Gesellen.
Axel Springer, Verleger
Der spätere Eigentümer der Welt schreibt diesen Leserbrief 1947 an die Redaktion; er wird veröffentlicht.
Daß sich der Gründer des „Springer Konzerns“ damit in gewissen Kreisen ein wenig unbeliebt gemacht hat, kann wohl kaum ausgeschlossen werden.
Auch die „Junge Welt“ berichtete am 11./12.3.2006 über die Entstehung des BNDs als Organisation Gehlen. Hier werden ebenfalls eine Reihe von Namen ehemaliger Funktionäre und Täter des 3. Reiches aufgezählt, die zum Kern des BNDs gehörten. In diesem Beitrag wird auch darauf verwiesen, dass die Folterer des Regimes von Saddam Hussein vom BND ausgebildet wurden, was man übrigens Mitte der 80er Jahre bereits in der Zeitung lesen konnte.
Auch die Vorgehensweise der irakischen Geheimdienstmitarbeiter bei der Folter zeigt klar den Einfluß des BNDs. So gehörten auch systematische Vergewaltigungen von Familienangehörigen zum Standard bei der Verfolgung durch den irakischen Geheimdienst. Es wäre sicherlich keine große Überraschung, wenn sich herausstellen sollte, dass die vom BND ausgebildeten irakischen Geheimdienstler, die ja heute offensichtlich den Widerstand gegen die amerikanischen Soldaten organisieren, immer noch Kontakt mit ihren ehemaligen deutschen Ausbildern haben.
Auch der folgende Artikel aus der Jungen Welt vom 11./12. März 2006 zeigt deutlich, dass der BND gegründet wurde um Nazis zu schützen, die von den Nazis Verfolgten zum Schweigen zu bringen, die Alliierten gegeneinander zu hetzen und vor allen seinen Mitgliedern ohne Arbeiten zu müssen ein sorgloses Leben zu ermöglichen.
Wie der BND aus Wehrmacht und SS erstand, und was die ARD für uns daraus macht. Von Otto Köhler
(...) Als sich die deutsche Niederlage abzeichnete, wollte er ( Anmerkung: Gehlen ) weiterarbeiten. Er beschloß, "so aussichtslos und widersinnig dies im Frühjahr 1945 auch erschien, dass der Versuch gemacht werden müsse – wenn möglich ohne wesentliche Unterbrechung - , den Kern für einen neuen deutschen Nachrichtendienst zu schaffen."
Und da er Wert legte auf "einen gewissen legalen Hintergrund für unsere Zukunftspläne", holte er gleich nach Kriegsende, im Mai 1945, die Genehmigung des Hitlernachfolgers Karl Dönitz ein. Dönitz und sein Vorgänger Hitler allerdings wussten mutmaßlich nichts davon, dass Gehlen schon seit März 1945 das gesamte Geheimdienstmaterial über die Sowjetunion auf Mikrofilm kopieren, und auf einsamen Almwiesen in den Alpen vergraben ließ.
Zwei Tage vor Hitlers Tod, am 28.April 1945, erstieg General Gehlen selbst die Berge. (...)
Während Deutschland, während Europa – nicht ohne seine Mitwirkung – in Trümmern lag, frohlockte der deutsche General auf der Elendsalm, die nur so hieß: "Hier fand ich die Kameraden und Mitarbeiter ... versammelt, die mich freudig begrüßten. Sechs Offiziere und drei Stabshelferinnen."
Sie erlebten alle zusammen eine "Idylle" - wie der General später schriftlich bestätigte: >>Diese Tage des Lebens in der freien Natur waren wirklich bezaubernd. Wir hatten uns daran gewöhnt, uns sehr ruhig zu verhalten; so schärften sich die Sinne für die Geräusche in der Natur".
Gehlen weiter: Wenn nicht die Ungewissheit der Zukunft auf uns gelastet hätte, so wäre dieser Gebirgsaufenthalt ein schöner, vielfach anregender Urlaub gewesen, nicht zuletzt durch die Gespräche, die wir – in der Sonne sitzend – miteinander führten."(...)
Doch dann stieg man hinab ins Tal. Der dreiwöchige Almurlaub zwischen dem Heißen alten und dem neuen Kalten Krieg, den der deutsche General kunstgerecht anzuheizen gedachte, war zu Ende. (...)
Der General wurde mit seinen Almgenossen in die USA geflogen. Und die Amerikaner rekrutierten den Spionagechef ihres Feindes zu Aufträgen gegen den eigenen Verbündeten, die UdSSR. Zu verlockend schien, was er zu bieten hatte: ein ganzes Netz von Spionen hinter den sowjetischen Grenzen und Zehntausende von Vernehmungsprotokollen sowjetischer Kriegsgefangener. Daß an Gehlens Papieren Blut klebte, dass die Kriegsgefangenen, die er hatte verhören lassen, gefoltert, ermordet oder dem Hungertod in den Lagern ausgeliefert worden waren, störte nicht.
In den USA einigte man sich in monatelangen Verhandlungen, und am 1. Juli 1946 kam Reinhard Gehlen zurück nach Deutschland. Die Organisation Gehlen – wie sie genannt wurde – nahm ihren Dienst auf, untergebracht in Pullach bei München in einem ehemaligen Ausbildungszentrum der SS. (...)
"Gehlen musste sein Geld verdienen, indem er eine Bedrohung schuf, vor der wir Angst hatten, so dass wir ihm weiteres Geld gaben, damit er uns mehr darüber erzählte". Das erklärte der ehemalige CIA-Chefauswerter Victor Marchetti 1984, und er fuhr fort: "Meiner Ansicht nach lieferte die Organisation Gehlen nichts, das zum Verständnis oder zur richtigen Einschätzung des politischen und militärischen Potentials in Osteuropa oder sonst wo beitrug. Statt dessen wurde jetzt behauptet, dass die Sowjets in der Lage wären, in Europa, im Nahen und im Fernen Osten gleichzeitig große Offensiven zu starten."
Mit Gehlen zogen die USA in den Kalten Krieg. Arthur Macy Cox, Auswerter bei der CIA und im US-Außenministerium: "Die Organisation Gehlen war die einzige Gruppierung, die über Netze in Osteuropa verfügte, und deshalb haben wir sie angeheuert. Doch dass wir Gehlen angeworben haben, war der größte Fehler, den die USA je begangen haben. Unsere Verbündeten warfen uns vor: Ihr stellt Nazis auf der obersten Ebene eures Geheimdienstes ein, und sie hatten damit recht. Dadurch wurden die Vereinigten Staaten unglaubwürdig."
Das störte nicht. "Er steht auf unserer Seite, und nur darauf kommt es an." So stellte sich CIA-Chef Allen Dulles hinter Gehlen. Und Park Armstrong, der Geheimdienstchef im Außenministerium, erkannte: "Die Beiträge unseres deutschen Verbündeten zu unserem Wissen über das sowjetische Militär waren zeitweise der Maßstab für unsere Anstrengungen."
Der Selbsterhaltungseinfall hatte funktioniert. Und Gehlen musste sogar den Betrieb ausweiten, seine alten Kameraden von Fremde Heere Ost, die ja alle hocherfahren im Umgang mit dem Kommunismus waren, reichten nicht mehr aus. Er brauchte noch mehr Fachleute.
Und diese neuen Mitarbeiter kamen aus dem Reichssicherheitshauptamt. Emil Augsburg, zuvor SS-Standartenführer und SS-Oberführer Franz Alfred Six, beide Leiter von mobilen Mordkommandos im Osten, widmeten sich jetzt bei Gehlen den Ostemigranten. Und sie brachten ihre alten Leute mit. Andere frühere SS-Größen waren auch dabei: Obersturmführer Hans Sommer, der sieben Pariser Synagogen hatte in Brand stecken lassen, Standartenführer Willi Kriechbaum, oberster Gestapochef in Südosteuropa, Sturmbannführer Fritz Schmidt, Gestapochef von Kiel, sie alle fanden sich – natürlich im Gesamtinteresse des Westens – auf verantwortlichen Posten in der Organisation Gehlen wieder.
Und von da agierte er dann auch in aller Welt. In Südafrika unterstützte er das Regime der Apartheid, in Mocambique die Terroristen von Renamo. Und Saddam Hussein hatte seine Folterknechte beim BND ausbilden lassen, lange bevor der BND die Koordinaten des Bagdader Geheimdienstquartiers der US-Army übermittelte zwecks gefälliger Bombardierung. Für die Ausbildung sorgte ausgerechnet der spätere Bundesaußenminister Klaus Kinkel als zeitweiliger Präsident des BND. (...)
Der Anteil von erfahrenen Massenmördern an der Organisation Gehlen wäre übrigens im Verborgenen geblieben, wenn nicht Historiker in den USA Zugang zu den einschlägigen Akten gefunden hätten aufgrund des "Freedom of Information Act" - für uns ein Fremdwort. Während die Stasi Akten im Osten frei zugänglich sind, haben wir im Westen nicht einmal die Möglichkeit, BND-Akten einzusehen, die die sonst übliche Sperrfrist von dreißig Jahren überschreiten. (...)
Vor einiger Zeit standen Esther Schapira und Georg M. Hafner von der ARD in Frankfurt vor sorgfältig abgedichteten Archiven in Pullach Sie waren Alois Brunner auf der Spur, dem ehemaligen SS-Sturmbannführer und Stellvertreter von Adolf Eichmann.
Gehlen hatte den bewährten Massenmörder, der auch unzählige Kinder in den Tod schickte, unter dem Decknamen Georg Fischer als Residenten in Damaskus in seinen Dienst genommen. Wie so viele Tötungsspezialisten aus der SS, deren klarer Antisemitismus der Organisation Gehlen im Nahen Osten Tür und Tor öffnete. Brunner hat in Syrien auch Folterspezialisten ausgebildet zum Nutzen Deutschlands und des BND.
Jetzt konnte unser demokratisch kontrollierter Bundesnachrichtendienst die Früchte aus Brunners Saat ernten. Der syrische Geheimdienst stellte Folteropfer bereit, damit sie von eigens eingeflogenen BND Beamten verhört werden konnten. Aber Brunners Akten beim BND sind nicht aus Rosenholz, sie blieben der ARD fest verschlossen. Denn die SS war die Vorschule der Organisation Gehlen. Und die wurde die Vorschule des BND. (...)
Am 5. März 1948 telegrafierte der Militärgouverneur Lucius D. Clay nach Washington: "In den letzten Wochen habe ich eine unmerkliche Veränderung der sowjetischen Haltung gespürt, die mir jetzt das Gefühl gibt, dass der Krieg mit dramatischer Plötzlichkeit ausbrechen könnte." Das Gefühl stammte von Hitlers General. Gehlen behauptete, dass 175 voll ausgerüstete Divisionen der Roten Armee in der Sowjetzone ungeduldig darauf warteten, bis zu Atlantik vorzustoßen
Geheimdienstforscher Christopher Simpson, dessen grundlegende Studie aus US-Aktenmaterial "Der amerikanische Bumerang – NS-Kriegsverbrecher im Sold der USA" 1988 gleich nach ihrem Erscheinen in den USA nicht in der westdeutschen Bundesrepublik, wohl aber im österreichischen Ueberreuter Verlag erschien, vermerkt in seinem umfangreichen Gehlen-Kapitel: "Die früheren Einschätzungen der US Army bezüglich der Transport- und Nachschubprobleme der Roten Armee verschwanden aus den geheimen Beurteilungen des sowjetischen Potentials. Statt dessen wurde jetzt behauptet, dass die Sowjets in der Lage wären, in Europa, im Nahen und im fernen Osten gleichzeitig große Offensiven zu starten."
Gehlens Zahlen waren falsch, aber sie waren nützlich. Nützlich für die Kräfte in den USA, die auf kalten Krieg und eine Veränderung der Fronten setzten. Und nützlich für Gehlen selbst: er machte sich und seine Organisation unentbehrlich. Die Berichte des eigenen Geheimdienstes der US-Army waren plötzlich bedeutungslos. Keiner fragte mehr, warum die Sowjets ein Drittel des ostdeutschen Schienennetzes, darunter strategisch wichtige Strecken, demontiert hatten, wenn sie doch einen Blitzkrieg gegen den Westen planten. (...)
Jetzt machte der von Gehlen gegründete Bundesnachrichtendienst aus Deutschland, dessen Regierung sich im Wahlkampf 2002 eindeutig zum Frieden bekannte, einen heimlichen Kombattanten der USA im Krieg gegen den Irak. Damals trieb Gehlen mit seiner frisch von den Nazis übergewechselten Organisation durch seine Erfindung von 175 Sowjet-Divisionen, die zum Angriff bereitstünden, die USA tief in den Kalten Krieg. Das muß heute wissen, wer ergründen will, woher der Bundesnachrichtendienst kommt und wohin er uns mit seiner anscheinen geduldeten, wenn nicht geförderten Sabotage der offiziellen Friedenspolitik treiben kann.
So weit der Artikel der „Jungen Welt“.
Der BND hat auch die schlimmsten Verbrecher des 3. Reiches beschäftigt, mit dem Notwendigen versorgt, sie vor Strafverfolgung geschützt und notfalls ihre Flucht organisiert. Vermutlich leben auch heute noch Nazitäter unter dem Schutz des BNDs. In diesem Zusammenhang ist es eine ungeheure Unverschämtheit, wenn deutsche Geheimdienste und vormachen wollen, dass sie gegen Neonazis vorgehen. Ein kurzer Blick ins Internet gibt zum Beispiel Aufschluß über den langjährigen BND Residenten in Damaskus ( Syrien ), Alois Brunner. So z.B. unter http//de.wikipedia.org/wiki/Alois_Brunner:
Zuerst als Mitarbeiter Eichmanns in der „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“, dann ( ab 1941 ) als deren Leiter, organisierte Brunner die Deportation der Wiener Juden in Ghettos und Vernichtungslager im Osten. Am 9. Oktober 1942 meldete er Vollzug: Wien war „judenfrei“ ( 180 000 Wiener wurden in den sicheren Tod geschickt ).
Von Oktober 1942 bis Januar 1943 unterstützte er Eichmann in Berlin und sorgte für die Deportation von 56 000 Berliner Juden.
Im Februar 1943 wechselte er den Tatort. Von Eichmann in das besetzte Griechenland geschickt, organisierte er den Transport von 50 000 Juden aus Saloniki in die Todeslager.
Neben seiner Menschenjagd fand er immer wieder Zeit, sich an dem Hab und Gut der Verfolgten zu bereichern. Der systematische Raub von Wohnungen, Möbeln und Kunstwerken begleitete sein Wirken von Anfang bis zum Ende. Schon 1938 zog er mit seiner Verlobten in eine beschlagnahmte Villa im Wiener Nobelbezirk Döbling
Sein nächster Einsatz erfolgte in Paris: Im Juli 1943 wurde in Drancy ( Vorort von Paris ) ein Durchgangs- und Sammellager für die Vernichtung errichtet. 22 Transporte jüdischer Menschen gingen unter Brunners Kommando nach Auschwitz. In einem dreitägigen Verhör nach seiner Ankunft erfuhr er die Namen von weiteren Verwandten der Inhaftierten. Er sorgte für die „Verhaftung der ganzen Familien“. Er war der Hauptverantwortliche der SS und organisierte den „Nachschub“ für die Vernichtungslager. Brunner leitete die Jagdkommandos, die versteckt lebende Jüdinnen und Juden aufspürten.
Im Herbst 1943 verrichtete er seine Jagd auf Jüdinnen und Juden in Südfrankreich, in Kooperation mit Judengegnern. Pro Juden waren 1000 Franc Belohnung ausgesetzt. Aktiv war hier auch „Judensachbearbeiter“ und SS-Obersturmführer Heinz Röthke. Die Verhaftungen fanden meistens nachts statt, Folter und Gewalt dienten der Erpressung weiterer Namen.
Obwohl die Wehrmacht bereits auf dem Rückzug aus Paris war, ließ Brunner in der Zeit vom 20. bis 24. Juli 1944 noch 1327 jüdische Kinder in Paris verhaften und deportieren. Als Brunner Paris im August 1944 verließ, hat er 23500 Jüdinnen und Juden jeden Alters aus Frankreich deportiert.
Vom September 1944 bis Februar 1945 sorgte er für die Zerschlagung der jüdischen Untergrundbewegung in der Slowakei und deportierte 12000 Menschen zur Vernichtung nach Auschwitz. (...)
Der prominentste Fluchthelfer Brunners wurde Reinhardt Gehlen, der ehemalige General und Chef der „Abteilung Fremde Heere Ost“ ( Ostspionage ), der im Auftrag des US-amerikanischen Geheimdienstes den westdeutschen Geheimdienst aufbaute ( „Organisation Gehlen“ ). Gehlen wurde später Chef des BND und blieb dies bis 1968. (...)
Alois Brunner hatte zwei weitere Fluchthelfer: Dr. Rudolf Vogel, ehemaliges Mitglied der Propagandastaffel in Saloniki und späterer Bundestagsabgeordneter der CDU sowie Dr. Georg Fischer, früherer SS-Kamerad aus Pariser Zeiten. Von ihm bekam Brunner im Frühling 1954 dessen Paß und gelangte als Dr. Georg Fischer nach Syrien. Brunner wurde dort im Auftrag von Reinhard Gehlen Geheimdienstexperte für diese Region des nahen Ostens.
(...) 1960 kam es zu einem Verhör Brunners durch die syrische Geheimpolizei. Durch diesen Kontakt wurde er eine Art „Berater für Judenfragen“ bei einem der syrischen Geheimdienste.
1961 wurde auf Alois Brunner ein Anschlag verübt: Er verlor ein Auge. Im Juli 1980 erhielt Alois Brunner / Georg Fischer in Damaskus Post vom „Verein Freunde der Heilkräuter“ aus Österreich: Die Briefbombe zerfetzte ihm vier Finger der linken Hand. Den Anschlägen folgten keine Bekennerschreiben, sie werden jedoch dem Mossad zugeschrieben, der vergeblich versuchte, seiner habhaft zu werden.
In den siebziger Jahren wird Syrien von der österreichischen Außenpolitik hofiert, kleinlaut vorgetragene Erkundigungen nach Brunner werden von den Behörden abgetan, der Gesuchte sei nicht in Syrien. In Wirklichkeit lebt „Dr. Georg Fischer“ unangefochten in Damaskus. Er lebt so geheim, dass es ohne weiteres möglich ist, ihn telefonisch – auch aus dem Ausland – zu erreichen.
Am 10. Oktober 1985 gab Fischer alias Brunner der Zeitschrift Bunte ein Interview in dem er betonte: „Israel wird mich nie bekommen.“ Das Interview strotzt derart vor antisemitischen Ausfällen, dass die Bunte nur eine zensierte Fassung veröffentlicht.
Der Journalist, der Brunner interviewte, berichtete einige Jahre später: „Er ist immer noch stolz darauf, dass er, wie er sich wörtlich ausdrückte, geholfen hat, dieses Dreckszeug wegzuschaffen. Damit meinte er die Juden, die er hat deportieren lassen.“ Er sei mit seinem Leben zufrieden und würde, bestünde die Möglichkeit, alles noch einmal so machen. Nur eines ärgerte ihn: Dass noch immer Juden in Europa lebten.
1992 forderte das Bundeskriminalamt von dem Journalisten, der Alois Brunner 1985 interviewte, die Fotos und kam nach langer Zeit zu dem Ergebnis, dass es sich „vermutlich um die Aufnahmen von Alois Brunner handelt“. Mehrere Auslieferungsanträge Deutschlands und andere Staaten sowie ein Interpol-Haftbefehl und Aktivitäten des Simon-Wiesenthal-Zentrums blieben erfolglos.
Auch andere Täter des 3. Reiches arbeiteten nach dem Krieg für den BND. Besonders aufschlussreich ist der folgende Beitrag der Zeitung „Die Welt“ vom 8.4.2006. Walther Rauff sollte mit einer kleinen Gruppe von 24 Mann nach dem erwarteten Einmarsch deutscher Truppen in Ägypten und Palästina die dortigen Juden ermorden. Offensichtlich sollten dazu palästinensische Hilfskräfte rekrutiert werden. Zum Beispiel sollten nach Aussage des Großmuftis von Jerusalem, Amin el-Husseini, „bandenartige arabische Kräfte“ gebildet werden um „im Inneren des Landes Aufstände zu entfalten“. Dieser Großmufti war übrigens ein Onkel Yassir Arafats. Walther Rauff ging dann 1948 als Nachrichtenoffizier nach Syrien. Dort soll er Juden gefoltert haben.
Deutsche Historiker: Der Kriegsverbrecher Walther Rauff sollte den Holocaust im Nahen Osten organisieren. Von Sven Felix Kellerhoff
Ludwigsburg – Im Sommer 1942 hat die SS die Ausweitung des Judenmordes auf Ägypten und vor allem auf Palästina vorbereitet. Ein eigens dafür gebildetes Kommando von Mordspezialisten reiste am 20.Juli 1942 in die nordafrikanische Stadt Tobruk, um offiziell beim Stab der deutschen Panzerarmee Afrika seinen Dienst anzutreten. Wenige Tage später verlegte die Einheit aus sieben SS-Offizieren und 17 Unteroffizieren unter Leitung des SS-Obersturmbannführers Walther Rauff ihren Sitz nach Athen, um hier die erwartete Eroberung Ägyptens durch den Panzergeneral Erwin Rommel abzuwarten. (...)
Vor allem wegen der gemeinsamen Feindschaft gegen Juden und Briten gehörte auch der Großmufti von Jerusalem, Amin el-Husseini, zu den Verbündeten des Dritten Reiches; 1941 bis 1945 lebte er sogar im Berliner Exil.
Wesentlich auf die Untertsützung el-Husseinis Anhänger sollte sich auch das Einsatzkommando Rauff stützen. Denn natürlich hätten 24 SS-Männer allein die rund halbe Millionen Juden, die seinerzeit unter britischen Mandat in Palästina lebten, nicht verfolgen können. Geplant war vielmehr, „bandenartige arabische Kräfte“ aufzustellen, unter anderem, um „im Inneren des Landes Aufstände zu entfalten“, sagte der Großmufti im August 1942 zu seinem Berliner SS-Betreuer. Ähnlich wenn auch weniger geplant liefen zahlreiche Massenmordaktionen der „Einsatzgruppe“ hinter der Ostfront ab, wo einheimische Antisemiten den deutschen SS- und Polizeikräften einen Teil der Mordarbeit abnahmen.
Wie wichtig der Nazispitze das Einsatzkommando für Palästina war, zeigt sich an der Person seines Leiters: Walther Rauff, geboren 1906, gehörte zu den wichtigsten Organisatoren des Massenmordes. Während der ranggleiche Adolf Eichmann die „Erfassung“ der Juden betrieb und ihren Transport in Vernichtungslager organisierte, war Rauff 1941/42 verantwortlich für den Einsatz von mindestens 20 mobilen Gaskammern in den besetzten Gebieten der Sowjetunion und in Serbien.(...)
Direkt verantwortlich war Rauff für die Ermordung von mindestens 100 000 Menschen. (...)
Als nach der Niederlage Rommels gegen Montgomery klar war, dass die Eroberung Ägyptens und Palästinas nicht stattfinden würde, zog das Reichssicherheitshauptamt sein hochkarätiges Mordkommando im September 1942 aus Athen ab. Seine nächste Aufgabe war, die Judenverfolgung im besetzten Tunesien zu organisieren.
Über seinen weiteren Lebensweg informiert eine Akte der CIA, die im Mai 2002 von den National Archives in Washington D.C. freigegeben wurde. (...) Laut der Akte war Rauff später, gegen Ende des Krieges, in Norditalien verwickelt in die vorzeitige Kapitulation der deutschen Truppen. Er wurde interniert, flüchtete aber aus dem US-Lager für mutmaßliche Kriegsverbrecher und ging 1948 als Nachrichtenoffizier nach Syrien. Dort soll er Juden gefoltert haben. Nach einem Staatsstreich musste Rauff Damaskus verlassen und siedelte nach Südamerika über. Einmal, 1963, wurde er dort kurzfristig festgenommen, aber bald wieder freigelassen. Simon Wiesenthal versuchte 1972 erfolglos, den Massenmörder ausliefern zu lassen. Rauff lebte bis zu seinem Tod 1984 unbehelligt in Chile. Gebüßt hat er für seine Verbrechen nie.
Offensichtlich war der Kampf gegen den Staat Israel von Anfang an ein wichtiges Ziel des BNDs. Denn nachdem was SS und Gestapo mit den Juden gemacht haben, dürfen die es aus der Sicht der Täter natürlich nie mehr zu etwas bringen.
Auch Ägypten wurde von Deutschland aus unterstützt. Hier ist vor allem bekannt, dass in Ägypten deutsche Waffenfachleute und Militärberater gearbeitet haben.
Und in dieses Bild passt auch der Hinweis, dass kurz nach dem Krieg, bis ungefähr 1947 einige wenige Juden in Deutschland Jagd auf Kriegsverbrecher gemacht haben. Nach 1947 war das dann wohl nicht mehr möglich. Ab 1947 war dann der deutsche Staat offensichtlich wieder halbwegs handlungsfähig, wie man ja auch aus dem oben wiedergegebene Leserbrief von Axel Springer erkennen kann.
Und im Januar 1949, also ungefähr ein halbes Jahr vor der Gründung der Bundesrepublik, heißt es im Vorwort eines Buches über die deutsche Radartechnik im Krieg, dass man die versteckten Forschungsunterlagen wieder hervorholen könne, denn Deutschland sei nun wieder Souverän.